Prozess:Frau mit Betonplatte in der Weser versenkt

Weser im Kreis Nienburg - Mordprozess beginnt

Die Weser und der Schleusenkanal (im Vordergrund) bei Balge im Kreis Nienburg. Hier wurde Ende April die Leiche der 19-Jährigen gefunden.

(Foto: -/dpa)

In Niedersachsen stehen zwei Männer und eine Frau vor Gericht, weil sie eine 19-Jährige auf grausame Weise getötet haben sollen.

Von Peter Burghardt, Hamburg

Am 28. April entdeckten Binnenschiffer im Schleusenkanal in Balge bei Nienburg in Niedersachsen eine Leiche, ein schrecklicher Fund in einer idyllischen Gegend. Der Schleusenkanal kürzt hier die Weser ab, die sich durch die flache Landschaft schlängelt. Die Tote war an eine Steinplatte gefesselt, ein Unfall konnte es nicht gewesen sein. Die Obduktion ergab Tod durch Ertrinken. Die Polizei suchte den Tatort mit Schlauchbooten und Tauchern ab, die Mordkommission "Anker" übernahm den Fall.

Das Opfer trug eine Tätowierung am Hals, ein Kreuz und ein P, bald war die Identität geklärt: Es handelte sich um eine junge Frau aus Schöningen im Landkreis Helmstedt, 19 Jahre alt, am 5. April soll sie zuletzt lebend gesehen worden sein. Eine junge Mutter zweier Kinder, die bei Pflegefamilien leben, wie es hieß.

Das Gerücht vom Rotlichtmilieu machte die Runde, von Kontakten in die Gegend von Bremen und Hannover. Die Behörden baten um Hinweise von Zeugen, eine Belohnung wurde ausgesetzt. Im Juli folgten drei Festnahmen, eine Frau und zwei Männer. Im November erhob die zuständige Staatsanwaltschaft Verden Anklage. Von diesem Dienstag an stehen die drei Verdächtigen vor dem Landgericht Verden, das für diese Hauptverhandlung in die Stadthalle umzieht. Der Vorwurf: Zwangsprostitution und Mord.

Landgericht Verden

Der Prozess findet vor dem Landgericht Verden statt.

(Foto: Mohssen Assanimoghaddam/Picture Alliance/dpa)

Die Ankläger beschuldigen die mutmaßlichen Täter, die 19-Jährige "am 9. April 2020 in Nienburg grausam, zur Verdeckung anderer Straftaten und aus niedrigen Beweggründen getötet zu haben". Die beiden Männer, 40 und 53 Jahre alt, sollen sie "unter Ausnutzung ihrer persönlichen Zwangslage" zur Prostitution gezwungen haben, die junge Frau litt unter einer paranoiden Schizophrenie. Der 40-Jährige soll ihr mindestens einen Freier vermittelt, die 39-Jährige ihm dabei geholfen haben. Später sollen sie gemerkt haben, dass die Erkrankte keine Prostituierte mehr sein konnte, worauf sie in einer Garage des 40-Jährigen eingesperrt, geknebelt, geschlagen und gewürgt worden sei.

Dann, so die Staatsanwaltschaft Verden, hätten die Angeklagten beschlossen, sie in die Weser zu werfen, um die Verbrechen zu vertuschen. Sie hätten ihr Opfer mit Kabelbindern an eine Waschbetonplatte gebunden und zur Schleuse gefahren; die 39-jährige Gehilfin soll Spuren auf dem Grundstück beseitigt haben. Nach Angaben der Gerichtsmediziner war die Frau noch am Leben, als sie über das Geländer in den Fluss gestoßen wurde.

Die Erste Große Strafkammer des Landgerichts Verden, Schwurgericht, hat drei Sachverständige geladen und 31 Prozesstermine angesetzt, bis Ende Juni 2021. Die Frau wurde auf einem Helmstedter Friedhof bestattet.

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