Prozess in Rom:Fall des "Bankier Gottes" bleibt mysteriös

Der Tod des "Bankier Gottes" genannten Finanziers Calvi ist von Verschwörungstheorien umrankt, wie kaum ein anderer. Nun ist der Prozess zu Ende - und alle Fragen offen.

25 Jahre nach dem mysteriösen Tod des italienischen Bankiers Roberto Calvi hat ein Gericht in Rom am Mittwoch alle fünf Angeklagten aus Mangel an Beweisen freigesprochen. Die Staatsanwaltschaft hatte in dem Mordprozess gegen den Angeklagten Pippo Calo und drei weitere Verdächtige lebenslange Haft gefordert. Der Prozess dauerte mehr als eineinhalb Jahre, über 100 Zeugen wurden gehört.

Prozess in Rom: Roberto Calvi starb vor 25 Jahren unter mysteriösen Umständen

Roberto Calvi starb vor 25 Jahren unter mysteriösen Umständen

(Foto: Foto: dpa)

Calvi, damals Chef des Mailänder Geldinstitut Banco Ambrosiano, hatte nach dem Konkurs seiner Bank Italien fluchtartig verlassen und war am 17. Juni 1982 erhängt unter einer Themsebrücke in London gefunden worden. Wegen seiner engen Beziehungen zum Vatikan nannten ihn Zeitungen den "Bankier Gottes" - der Fall gilt als einer der dunkelsten Kapitel der italienischen Kriminalgeschichte.

Als Hintergrund des Verbrechens, das seinerzeit das italienische Bankwesen und des Vatikan erschütterte, werden Geldwäscheaktivitäten der Mafia genannt. Wiederholt war auch von düsteren Machenschaften der berüchtigten Geheimloge P2 und Verstrickungen des Vatikan die Rede. "Wenn mir etwas zustößt, muss der Papst zurücktreten", soll Calvi kurz vor seinem Tod gedroht haben.

Calvi hatte die Banco Ambrosiano in den Ruin geführt. Als er im Juni 1982 erhängt in London entdeckt wurde, sollen seine Taschen mit Geldscheinen und Dokumenten voll gestopft gewesen. Die Ermittler gingen von Selbstmord aus. Später kamen Zweifel an der These auf.

Die Exhumierung der Leiche Ende der 90er Jahre brachte neue Ermittlungen ins Rollen. Die Killer hätten Calvi erdrosselt und seine Leiche unter der Themsebrücke aufgehängt, um einen Selbstmord vorzutäuschen, hieß es. Die Justiz geht davon aus, dass Calvi von schmutzigen Geschäften seiner Bank und der Vatikanbank IOR (Istituto per le Opere di Religione) gewusst hat.

"Calvi sollte für immer der Mund geschlossen werden, weil er alle Geheimnisse der Geldwäsche der Mafia durch die Banco Ambrosiano und die Vatikanbank wusste", berichtete die Zeitung La Rebubblica zu Beginn des Prozesses. Die Mafia habe befürchtet, Calvi könnte "plaudern". Das Geldinstitut des Vatikan soll damals am Rand des Ruins gestanden haben.

Allerdings steht ein weiteres Verfahren in Rom an, bei dem es vor allem um die geheimen Auftraggeber des Mordes gehe, verlautete in Justizkreisen in Rom. Unter den Freigesprochenen ist auch ein ehemaliger Bodyguard des Toten, ein italienischer Geschäftsmann sowie dessen ehemalige österreichische Freundin.

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