Prozess in Neuss:Jobcenter-Mord - Angeklagter zeigt Reue

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Als er von der Polizei verhört wurde, soll er herzlos gewirkt haben - vor Gericht zeigte sich der Angeklagte dagegen reumütig. Der 52-Jährige, der beschuldigt wird, eine Sachbearbeiterin im Neusser Jobcenter erstochen zu haben, weinte im Gerichtssaal.

Im Prozess um den Mord an einer Mitarbeiterin des Neusser Jobcenters ist der Angeklagte am zweiten Prozesstag mehrmals in Tränen ausgebrochen. Während zwei Vernehmungsbeamte schilderten, wie selbstbezogen und herzlos der 52-Jährige nach der Tat auf sie gewirkt habe, weinte der schmächtige Mann im Düsseldorfer Landgericht still vor sich hin.

Er soll im vergangenen September mit einem Fleischermesser seine Sachbearbeiterin im Jobcenter erstochen haben, weil er der Behörde den Missbrauch seiner persönlichen Daten unterstellte. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Arbeitslosen Mord aus niedrigen Beweggründen vor. "Mein Herz hat geblutet, meine Wut kochte, ich wollte Rache", habe er gesagt. Allerdings habe der 52-Jährige auch mehrfach versichert, dass er die Frau nicht töten wollte, berichtete ein Vernehmungsbeamter.

Er habe sie verletzen wollen um zu zeigen, dass man ihn nicht betrügen dürfe. "Er selbst fühlte sich stärker verletzt, hat ständig von der Schnittwunde an seinem kleinen Finger gesprochen", schilderte ein Beamter. Als er dem 52-Jährigen vorhielt, dass sein Opfer ein Kind hinterlasse, habe der geantwortet: "Ich habe fünf Kinder."

Auf die Frage, ob alles nicht nur ein Missverständnis sei, habe er lange geschwiegen. "Da kam er ins Grübeln", berichtete der Polizist. Ein Sachverständiger hatte dem Angeklagten eine deutlich verminderte Intelligenz mit einem Intelligenzquotienten von 75 attestiert. Hinweise auf eine verminderte Schuldfähigkeit hatten die Gutachter dennoch nicht feststellen können.

Seine beantragten ein Verwertungsverbot von Polizeivernehmungen. Dem Angeklagten sei bei der ersten Vernehmung verschwiegen worden, dass das Opfer gestorben sei, bei der zweiten Vernehmung sei er nicht ordnungsgemäß über seine Rechte belehrt worden, kritisierte Rechtsanwalt Gerd Meister. Die beiden Vernehmungsbeamten hatten dies zuvor bestritten. Der Verdächtige sei mehrfach belehrt worden, auch darüber, dass es um ein Tötungsdelikt gehe, sagten sie im Zeugenstand.

Das Gericht hat dem Angeklagten bereits mitgeteilt, dass er zusätzlich zur Verurteilung wegen Mordes auch mit der Feststellung der besonderen Schwere der Schuld rechnen müsse. Dann kommt es nach 15 Jahren nicht automatisch zu einer Prüfung, ob der Rest der Strafe zur Bewährung ausgesetzt wird.

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