Süddeutsche Zeitung

Prozess in Hannover:Frau steckte Neugeborenes in Koffer - sechs Jahre Haft

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Das Landgericht Hannover hat eine 22-Jährige wegen versuchten Totschlags verurteilt, weil sie ihr Neugeborenes in einen Koffer voll Gerümpel sperrte. Die Richter sahen es nach Angaben eines Sprechers als erwiesen an, dass sie das Kind dadurch töten wollte: Während der Schwangerschaft, die sie von ihrem Freund verheimlicht hatte, habe sie sich von dem Kind bereits "tief distanziert".

Die Angeklagte beteuerte vor Gericht, sie habe ihrem Kind nie etwas Böses tun wollen und es von Anfang an geliebt. Dem psychiatrischen Gutachter zufolge ist sie nicht seelisch krank, hat aber Schwierigkeiten, Konflikte auszutragen.

Nach der Geburt des Kindes im Badezimmer ihrer Wohnung hatte sie es nicht einmal gesäubert, sondern lediglich in eine Badematte gewickelt und in einen Koffer eingeschlossen. Den Koffer bewahrte sie in einer Abstellkammer auf.

Vier Tage lang stillte die Frau das Neugeborene und ließ es ansonsten allein

An den Tagen nach der Geburt ging die angehende Hotelfachfrau zur Arbeit oder zur Berufsschule aus dem Haus und kehrte erst am Nachmittag zurück. Dass sie das Kind gestillt habe, widerspricht aus der Sicht des Richters nicht ihrer Tötungsabsicht: Sie habe damit das Baby ruhig stellen wollen, damit ihr Freund nicht darauf aufmerksam werde.

Der 19-Jährige hatte das Kind jedoch vier Tage nach der Geburt entdeckt, als er es aus der Abstellkammer wimmern hörte. Er öffnete den Koffer und fand darin neben dem verwahrlosten, lebenden Kind das Skelett eines weiteren Säuglings. Daraufhin rief der Mann die Polizei.

Im Fall des Baby-Skeletts wurden die Ermittlungen eingestellt, weil nicht mehr zu klären war, ob das erste Kind der Angeklagten im Januar 2015 lebend oder tot zur Welt kam. Das gerettete Baby lebt inzwischen bei Pflegeeltern.

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