Prozess in der Türkei:Hoffnung für Marco schwindet

Im Vergewaltigungsprozess gegen den deutschen Jugendlichen Marco W. soll dem Gericht an diesem Freitag die Aussage des mutmaßlichen Opfers vorgelegt werden.

Eine Videoaufnahme mit den Aussagen der 13-jährigen Charlotte M. und ihrer Mutter sei an die türkischen Behörden übermittelt worden, teilte der Vater des Mädchens, Graham M., der Super Illu mit. Britische Beamte hatten Charlotte in Großbritannien vernommen, weil das Mädchen nicht vor Gericht in Antalya erscheinen will.

Der Jugendliche aus Uelzen muss sich wegen sexuellen Missbrauchs und möglicherweise auch wegen Vergewaltigung verantworten. Der Prozess zieht sich seit dem 6. Juli hin, weil ein zeitaufwendiges Rechtshilfe-Ersuchen zwischen der Türkei und Großbritannien lief, um eine Aussage des Mädchens zu bekommen. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Schüler aus Uelzen vor, am 10. April mit der 13-Jährigen in deren Hotelzimmer gegen ihren Willen Sex gehabt zu haben.

Die Mutter des Mädchens hatte Strafanzeige erstattet. Der 17-Jährige bestreitet die Darstellung und erklärte, Charlotte habe sich als 15-Jährige ausgegeben; er habe mit ihr nur einvernehmlich Zärtlichkeiten ausgetauscht.

"Wie eine Bananenrepublik"

Der türkische Rechtsanwalt Ömer Aycan sagte bei der Aufzeichnung der ARD-Sendung "Menschen bei Maischberger", der Angeklagte sei schuldig und müsse wegen Vergewaltigung verurteilt werden. Dafür seien nach türkischem Recht 15 Jahre Haft möglich. Ein ärztliches Gutachten bestätige die Aussage, dass zwischen den beiden Verkehr stattgefunden habe. "Das sind Beweise", betonte der Anwalt. Er warf deutschen Politikern vor, die Türkei mit ihrer Einmischung in den Fall "wie eine Bananenrepublik" zu behandeln.

Der Anwalt des 17-Jährigen, Michael Nagel, sprach von einem Justizskandal. Der Gutachter habe das ärztliche Attest später relativiert: "Es konnte festgestellt werden, dass das Mädchen noch Jungfrau ist", sagte Nagel laut Vorabmeldung der ARD. "Wir werden bis zum Europäischen Gerichtshof gehen, weil Menschenrechte verletzt worden sind'', betonte Nagel. Marcos deutsche Verteidiger sind inzwischen skeptisch, den Jungen am nächsten Verhandlungstag noch freizubekommen.

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