Anklage wegen fahrlässiger Tötung
Zwei Polizisten müssen sich wegen fahrlässiger Tötung vor dem Bochumer Landgericht verantworten. Vor ihren Augen hatte ein Mann in der Ruhrgebietsstadt Recklinghausen seine Ehefrau erschossen. Die 47-Jährige stand unter dem Schutz der Polizisten: Sie hatte wegen eines Trennungsstreits die Beamten gebeten, mit zu ihrer Wohnung zu kommen, wo sie persönliche Sachen abholen wollte. Ihr Mann sei Jäger und habe Waffen, hatte sie damals ihre Angst begründet.
Schüsse beim Betreten der Wohnung
Trotzdem hätten die Polizisten die Frau am 23. März 2013 als erste in die Wohnung geschickt, heißt es in der Anklage. Der Mann schoss. Die Frau wurde von sieben Kugeln getroffen und starb im Krankenhaus.
Nach Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft haben die beiden Polizisten der Wache Recklinghausen gewusst, dass der Ehemann als Jäger legal Waffen besaß. Außerdem war ihnen mitgeteilt worden, dass er bei einem Wutanfall schon einmal in die Decke geschossen habe. Aus diesem Grund sei sogar eine schriftliche Gefährdungsanalyse erstellt worden, in der laut Anklage festgestellt wurde, dass "eine Gefährdung der Ehefrau durch einen Schusswaffengebrauch während des Auszugs nicht ausgeschlossen werden könne". Die Beamten hätten die Wohnung deshalb laut Anklage niemals gemeinsam mit der 47-jährigen Frau betreten dürfen.
Selbstzweifel und Beleidsbekundungen
Zum Prozessauftakt erklärte der jüngere der beiden Beamten, dass er damals zwar der Meinung war, alles richtig gemacht zu haben, inzwischen aber von Selbstzweifeln geplagt werde. Wörtlich sagte er den Richtern: "Die Frage, ob wir für den Tod der Frau mitverantwortlich sind, macht mich vollkommen fertig." Beide Polizisten haben der Familie des Opfers ausdrücklich ihr Beileid bekundet. Trotzdem seien sie weiterhin der Ansicht, damals nach besten Wissen und Gewissen gehandelt zu haben.
Bereits im Oktober 2013 verurteilte das Bochumer Landgericht den Ehemann zu sechs Jahren Haft und unbefristeter Unterbringung in der Psychiatrie, wie der WDR berichtet. Die Ermittlungen gegen die Polizeibeamten waren ursprünglich von der Staatsanwaltschaft eingestellt worden. Nach einer Beschwerde von Anwältin Cornelia Frech, die die Tochter des Opfers vertritt, waren die sie aber doch noch angeklagt worden.