Süddeutsche Zeitung

Kreuzverhör der Kachelmann-Geliebten:"Das ist schon eine Tortur"

Jörg Kachelmanns Ex-Freundin bricht am Ende ihrer Vernehmung erneut in Tränen aus. Die Verteidiger geben sich verständnisvoll - und überschlagen sich plötzlich vor Lob für das Gericht. Dabei halten sie pikante Entlastungsbeweise bereit.

Im Prozess gegen Wettermoderator Jörg Kachelmann, 52, hat das Gericht die Vernehmung seiner ehemaligen Geliebten beendet. Die 37-Jährige beschuldigt Kachelmann, er habe sie mit einem Messer bedroht und vergewaltigt. Da er die Vorwürfe bestreitet, ist ihre Glaubwürdigkeit entscheidend für den Ausgang des Prozesses. Die Frau war an insgesamt vier Verhandlungstagen mehr als 20 Stunden lang befragt worden.

Die 37-Jährige hielt nach Angaben von Prozessbeteiligten an ihren Vorwürfen fest. "Sie wirkte sehr angespannt", sagte ein Beteiligter. Zwischendurch sei sie in Tränen ausgebrochen. Die Frau, die als Nebenklägerin in dem Prozess auftritt, war während der Aussage von einer Videokamera gefilmt worden. Ihr Bild wurde auf eine große Leinwand projiziert, damit die insgesamt neun Gutachter ihre Mimik beobachten konnten.

Verteidigung und Staatsanwaltschaft bewerteten die Aussage der Hauptzeugin unterschiedlich. "Meines Erachtens hat die Vernehmung der Anzeigeerstatterin uns unserem Ziel, der Rehabilitierung des Herrn Kachelmann, sehr viel näher gebracht", gab sich Kachelmann-Anwalt Reinhard Birkenstock zufrieden. Staatsanwalt Lars-Torsten Oltrogge widersprach: "Ich halte das für Wunschdenken."

Die Verteidigung, die zuvor zweimal Befangenheitsanträge gegen die Richter gestellt hatte, hat in den vergangenen Tagen offenbar ihre Taktik geändert - und zeigt sich nun auffallend zufrieden mit der Strafkammer.

Verteidiger Klaus Schroth zeigte sogar Mitgefühl für die Nebenklägerin. "Das ist schon eine Tortur", sagte Schroth über den Vernehmungsmarathon, und fügte ein Lob an die Richter an. Die neu hinzugeholte Verteidigerin im Team, Andrea Combé, hatte die Befragungsmethoden des Gerichts bereits zuvor gelobt: "Das habe ich in der Intensität in 28 Jahren noch nicht erlebt."

Obwohl das Kreuzverhör des 37-jährigen mutmaßlichen Opfers abgeschlossen ist: Mit Milde seitens der Verteidigung darf sie nicht rechnen. Denn wie die Bild-Zeitung berichtet, wollen die Verteidiger dem Gericht pikante Fotos und Chat-Protokolle vorlegen, die den TV-Meterologen entlasten sollen.

Das Blatt zitiert Birkenstock mit den Worten, die Unterlagen sprächen für "keine sehr hohe Scham" zwischen Kachelmann und seiner langjährigen Geliebten. Die Zeitung schreibt weiter, die Fotos sollten dem Gericht in Anwesenheit der Radiomoderatorin präsentiert werden.

Für den Nachmittag wird der Psychotraumatologe und Therapeut von Kachelmanns Ex-Geliebter, Günter Seidler, erwartet. Der Leiter der Sektion Psychotraumatologie der Universität Heidelberg soll sich zu den Erinnerungslücken der Frau zur mutmaßlichen Vergewaltigung äußern.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.1016669
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
sueddeutsche.de/AFP/dpa/jobr/kat/gba
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.