Prozess gegen Fernfahrer:Freund hatte Autobahnschützen früh im Verdacht

Ein Freund ahnte früh, dass der jetzt in Würzburg vor Gericht stehende Fernfahrer hinter einer Serie von Schüssen auf deutschen Autobahnen stecken könnte. Zur Polizei ging der Mann nicht - trotz verdächtiger Beobachtungen.

  • Im Prozess gegen den Autobahnschützen aus der Eifel haben am sechsten Verhandlungstag mehrere Zeugen ausgesagt.
  • Der 58-Jährige hat über Jahre aus der Fahrerkabine seines Lkw in den Autobahnverkehr gefeuert.
  • Ein Freund des Angeklagten sagte aus, er habe den Fernfahrer früh verdächtigt, hinter der Serie von Schüssen zu stecken.

Freund belastet Angeklagten

Ein Freund des geständigen Autobahnschützen aus der Eifel hat vor Gericht ausgesagt, er habe geahnt, dass der 58-Jährige für die Schüsse auf Autobahnen verantwortlich sein könnte. Er sei sich aber nicht sicher gewesen und habe seinen Bekannten auch nicht verpfeifen wollen.

Der Zeuge erzählte, der Angeklagte habe ihm eine Pistole mit selbstgebautem Schalldämpfer gezeigt und damit auch einmal vor ihm in den Boden geschossen. Nach einem Fernsehbericht über die Serie von Schüssen auf deutschen Autobahnen habe er ihn mehrfach darauf angesprochen. "Da war er so fuchsteufelswild geworden, dass ich dachte: Er war das nicht." Er sei auch dann nicht zur Polizei gegangen, als er eine Waffe fand, die der Lastwagenfahrer in seiner Garage in Halle deponiert hatte.

Die Männer kennen sich aus ihrer Schulzeit, saßen nach gemeinsamen Autodiebstählen in der DDR zusammen in Haft. Während der Zeit im Gefängnis lernte der Angeklagte nach eigenen Angaben auch den Bau von Waffen - in einer Souvenirwerkstatt, in der auch Waffen für Staatsgäste Erich Honeckers verziert worden seien.

Kollegen wollen nichts bemerkt haben

In seiner Spedition galt der Autobahnschütze aus der Eifel dagegen als zuverlässiger und hilfsbereiter Kollege. "Ich kriege diese zwei Bilder nach wie vor nur ganz schwer übereinander", sagte der Geschäftsführer seines Monschauer Betriebs im Prozess vor dem Landgericht Würzburg. Chefs und Kollegen beschrieben den Angeklagten am sechsten Verhandlungstag als "ehrliche Haut", als fleißigen und sozialen Menschen, der schon mal zwei Wochen unbezahlten Urlaub nahm, um sich um seine pflegebedürftigen Eltern zu kümmern. Allenfalls eine gewisse Sturheit seines früheren Mitarbeiters war dem Geschäftsführer aufgefallen. "Alle waren genau wie ich absolut fassungslos", sagte der Fuhrparkleiter über die Festnahme.

Die Frau des Angeklagten verweigerte die Aussage.

Versuchter Mord in fünf Fällen

Die Staatsanwaltschaft wirft dem Angeklagten vor, 171 Mal aus dem Führerhaus seines Lkw geschossen zu haben, fünf Fälle wertet sie als versuchten Mord. Dies weist die Verteidigung zurück, der Mann selbst betont, er habe auf die Ladung gezielt und niemanden verletzen wollen. Als Motiv nannte er Frust im Straßenverkehr, berichtete von rabiatem Fahrverhalten und Überfällen auf Rastplätzen.

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