Süddeutsche Zeitung

Blutige Diamanten:Naomi Campbell bestätigt Geschenk

Die Schöne und der Fürchterliche: Naomi Campbell sagt vor dem Sondertribunal für Sierra Leone in Den Haag gegen Diktator Charles Taylor aus: Vor 13 Jahren habe sie Rohdiamanten geschenkt bekommen - ob von ihm, lässt sie offen.

Seit drei Jahren läuft der Prozess gegen Charles Taylor, den früheren Diktator des westafrikanischen Staats Liberia. Obwohl bislang 90 Zeugen aussagten, hat das Verfahren noch nie für so viel Aufregung und Medienrummel gesorgt wie an diesem Donnerstag - 200 Journalisten berichten vom Sondertribunal für Sierra Leone, das aus Sicherheitsgründen im sogenannten Taylor-Prozess aus dem westafrikanischen Staat nach Den Haag verlegt wurde.

Das liegt an einem neuen Gesicht im Prozess am Verhandlungsort am Internationalen Strafgerichtshof: Das britische Supermodel Naomi Campbell hat unter massiven Sicherheitsvorkehrungen ausgesagt. Von ihrer Ankunft gab es keine Fotos, dafür war der einstige Star der Modefotografen während der Verhandung ausgiebig in einem cremefarbenen Kostüm zu bewundern. Dazu trug sie eine turmtoupierte Pony-Frisur.

Das Sondertribunal für Sierra Leone wollte die 40-Jährige zu einem angeblichen Diamantengeschenk des Ex-Diktators befragen. Und tatsächlich: Naomi Campbell bestätigte erstmals, sie habe im September 1997 mehrere Rohdiamanten geschenkt bekommen. Zuvor hatte sie diese Akte der Schenkung stets abgestritten. Das alles spricht gegen den berüchtigten Diktator Taylor.

Direkt belasten wollte das langjährige Mannequin den Ex-Staatschef aber nicht: Sie könne nicht sagen, ob tatsächlich Liberias damaliger Präsident Taylor diese "schmutzig aussehenden Steine" in ihr Zimmer geschickt habe.

Das Model und der Präsident - es ist eine äußerst brisante Geschichte, die zum zentralen Element dieses Prozesses werden könnte. Taylor gilt als Pate des Terrors in Westafrika, als Urheber von Bürgerkriegen, die eine ganze Region ins Chaos gestürzt haben. Er war verantwortlich für 15 Jahre Bürgerkrieg und Hunderttausende Tote in Liberia.

Vom wem stammen die Diamanten?

Als Gewaltherrscher war die Gier nach Macht und Geld sein vorstechendstes Merkmal, sein Vermögen wurde zeitweise auf drei Milliarden Dollar taxiert. Taylor kontrollierte in den neunziger Jahren auch die Rebellen der RUF (Revolutionäre Vereinigte Front) im Nachbarland Sierra Leone. Sie ermordeten und verstümmelten Zivilisten, um sich die reichen Diamantenfelder zu sichern. Die Edelsteine bekam Taylor, der die RUF-Rebellen dafür mit Waffen und Drogen versorgte.

Taylor hat aber alle elf Vorwürfe des Sondertribunals gegen ihn, zu denen Mord, Vergewaltigung und die Ausbildung von Kindersoldaten gehören, abgestritten und den Gerichtshof der Lüge bezichtigt. Bei Verurteilung droht ihm eine lebenslange Haftstrafe.

David Crane, Professor an der Syracuse University in den USA, bewertete die Aussage des Supermodels im Vorfeld als entscheidend - weil das Diamanten-Geschenk die Verbindung Taylors zum Handel mit Blutdiamanten herstellen könnte. Die amerikanische Chefanklägerin Brenda Hollis erhoffte sich deshalb von Campbell eine Bestätigung dieser Vorgänge. Aber auch nach der Aussage des Supermodels bleibt offen, von wem die Diamanten stammen. Zwei Boten hätten sie übergeben, die ihr "wahrscheinlich" Taylor geschickt habe, sagte sie.

Wahrscheinlich, aber nicht sicher.

Die unvorstellbare Brutalität des Taylor-Regimes könnte jedenfalls nicht in größerem Gegensatz zum Glamour des Abendessens am 26. September 1997 in Kapstadt stehen, an dem die Übergabe geschah. Eine illustre Gesellschaft traf sich im Haus des damaligen südafrikanischen Präsidenten Nelson Mandela. Zu den Gästen gehörten neben Campbell und dem damals gerade neu gewählten Präsidenten Liberias unter anderem auch Plattenproduzent Quincy Jones und Schauspielerin Mia Farrow (Rosemary's Baby).

Campbell stand Taylor schon zuvor nahe, nach einem Bericht der BBC geht ihre Freundschaft auf das Jahr 1991 zurück. Das Model bezeichnete den Diktator in dieser Zeit als honorary grandfather - so großzügig wie ihr Großvater sei er gewesen. Bei dem Dinner saßen die beiden zusammen. Dass die Abendveranstaltung eine Charity-Veranstaltung für Kinder war, ist ein besonders pikantes Detail. Campbell und Farrow setzten sich schon damals für das Wohl von Kindern ein. Taylor jedoch ließ schon zuvor Kinder zu Killern drillen.

Auch die damalige PR-Agentin Campbells, Carole White, saß offenbar in der Nähe. Bei dem Essen soll Taylor dann gesagt haben, er wolle dem Supermodel Diamanten schenken. In der Nacht klopfte es an der Tür der Schönen. Carole White will gesehen haben, dass sechs Diamanten von einer Delegation Taylors übergeben wurden.

Der englischen Daily Mail sagte White: "Die Diamanten waren nicht geschliffen. Sie waren in Papier eingewickelt. Ich sah sie. Ich hatte sie in der Hand." Eine andere Version gibt es von Mia Farrow. Campbell erzählte demnach beim Frühstück von der nächtlichen Übergabe - sie soll dabei von einem Diamanten gesprochen haben. Campbell hat nun eher die Aussagen ihrer ehemaligen PR-Agentin bestätigt.

Rohdiamanten für ein Kinderhilfswerk

An einer anderen Stelle aber unterscheiden sich die Aussagen von White und Campbell. Einen Tag soll Naomi Campbell die Diamanten im Besitz gehabt haben, bevor sie sie an Nelson Nandelas Children's Fund weitergab. So sagt es White. Das Kinderhilfswerk will allerdings nichts von einer Übergabe wissen, heißt es in einem Bericht der BBC.

Campbells Version unter Eid hört sich anders an: Die Rohdiamanten habe sie noch am selben Morgen an den damaligen Chef des Kinderhilfswerks gegeben, das Südafrikas Präsident Nelson Mandela eingerichtet hatte. Zu ihrem Erstaunen habe dieser ihr vor einem Jahr gesagt, dass er immer noch im Besitz der Edelsteine sei.

Seit 2007 läuft der Prozess gegen Taylor. Noch vor einem Jahr war nichts von diesem Abendessen und seinen Folgen öffentlich bekannt. Nun aber ist die Diva Naomi Campbell ins Zentrum dieses Verfahrens gerückt - und hat zögerlich ausgesagt. Einen Grund dafür hatte sie in einem Interview angegeben, als sie noch hoffte, der Aussage vor Gericht entgehen zu können.

"Dieser Mann", sagte Naomi Campbell, "hat schlimme Dinge getan und ich will meine Familie nicht in Gefahr bringen."

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.984422
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
sueddeutsche.de/dpa/grc/mati/jja
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.