Prozess gegen Berliner U-Bahn-Schläger:"Gewalt um jeden Preis"

Die Bilder der Überwachungskameras schockierten die Republik: Nach einer brutalen Prügelattacke am Berliner U-Bahnhof Friedrichstraße steht ein 18-Jähriger nun vor Gericht. Ihm drohen bis zu 15 Jahre Haft - der Beistand seines Opfers spricht von versuchtem Mord.

Florian Fuchs, Berlin

Die Ausschnitte des Überwachungsvideos vom U-Bahnhof Friedrichstraße sind noch immer im Internet zu sehen: Zwei junge Männer rangeln miteinander, dann schubsen sie sich - und plötzlich schlägt der eine den anderen mit einer Flasche zu Boden, tritt brutal auf ihn ein und springt ihm dann noch mehrmals auf den Kopf.

Prozessbeginn für U-Bahn-Schläger

Am Ostersamstag wurde von dieser Kamera am belebten U-Bahnhof Friedrichstraße der brutale Angriff auf einen 29-Jährigen gefilmt. Die Bilder schockierten die Republik.

(Foto: dpa)

An diesem Dienstag, genau vier Monate nach der Tat vom 23. April, muss sich der 18-jährige Torben P. im Berliner Landgericht wegen versuchten Totschlags und gefährlicher Körperverletzung verantworten. Der 18-jährige Nico A. ist mitangeklagt. Er war in der Nacht mit Torben P. unterwegs, die Staatsanwaltschaft beschuldigt ihn der unterlassenen Hilfeleistung, weil er seinen Freund nicht von dem Verbrechen abgehalten haben soll.

Die brutale Attacke hatte damals eine neuerliche Debatte über den Umgang mit jugendlichen Straftätern ausgelöst. Nachdem sich Torben P. der Polizei gestellt hatte, wurde zwar Haftbefehl erlassen - der Beschuldigte aber musste nicht in Untersuchungshaft. Er war zuvor noch nie polizeilich auffällig gewesen und ist seither auf freiem Fuß.

In dem auf sechs Tage angesetzten Prozess vor der Jugendkammer des Landgerichts muss der Gymnasiast nun mit zehn bis 15 Jahren Haft rechnen. Das Strafmaß hängt auch davon ab, ob das Gericht Jugend- oder Erwachsenenstrafrecht anwendet. Das Opfer Markus P. kann sich bis heute kaum an den Angriff erinnern. Der 29-Jährige erlitt eine Gehirnerschütterung, einen Nasenbeinbruch und zahlreiche Platzwunden im Gesicht.

Er befindet sich noch immer in psychiatrischer Behandlung. Sein Opferbeistand bewertet die Tat im U-Bahnhof als versuchten Mord. Er argumentiert, dass es dem Täter nur darum gegangen sei, "Gewalt um jeden Preis" auszuleben. Wie die Staatsanwaltschaft bestreitet er die Version der Verteidigung, wonach auf den Videos der Überwachungskameras zu sehen sei, dass Markus P. den Streit auf dem Bahnsteig begonnen haben soll.

Im Ermittlungsverfahren waren die beiden Angeklagten geständig. In dem Prozess geht es nun neben dem Angriff auf Markus P. auch um die Attacke der beiden 18-Jährigen auf einen bayerischen Touristen. Er hatte die Tat beobachtet und versucht, Torben P. von seinem Opfer wegzuziehen - und wurde dafür selbst von den Jugendlichen zusammengeschlagen.

Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version dieses Textes stand zu lesen, dass Markus P. "wochenlang im künstlichen Koma" lag. Das ist so nicht richtig, der 29-Jährige verlor lediglich vorübergehend das Bewusstsein. Wir haben den Fehler korrigiert und bedanken uns für den Hinweis unserer aufmerksamen User.

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