Prozess:Angelika W. gesteht Mitschuld an Verbrechen in Höxter

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Angelika W. vor dem Landgericht Paderborn. (Foto: Bernd Thissen/dpa)
  • Am dritten Verhandlungstag des Prozesses gegen das Paar von Höxter sagt Ex-Ehefrau Angelika W. aus.
  • Sie gesteht, sich an den Misshandlungen von Wilfried W. beteiligt zu haben.
  • Außerdem erklärt sie, warum sie kurz nach ihrer Flucht aus dem Haus wieder zurückkehrte.

Von Hans Holzhaider, Paderborn

Paderborn - Es ist der dritte Verhandlungstag im Prozess gegen Wilfried W. und seine Ex-Ehefrau Angelika W., die angeklagt sind, in ihrem Haus in Höxter zwei Frauen über Monate hinweg so schwer misshandelt zu haben, dass sie an den Folgen starben. Angelika W. hat nun schon stundenlang von ihrem Martyrium in der 17-jährigen Partnerschaft mit dem heute 46-jährigen Wilfried W. erzählt, aber noch immer ist sie nicht am Ende ihrer Leidensgeschichte angelangt. Und immer wieder schütteln die Zuhörer (überwiegend Zuhörerinnen) im überfüllten Schwurgerichtssaal im Landgericht Paderborn ungläubig den Kopf. Weil sie nicht nachvollziehen können, warum Angelika W. so lange bei ihrem Peiniger ausgehalten hat, obwohl sie ihn jederzeit hätte verlassen können.

"Einmal waren Sie ja schon geflohen", sagt der Vorsitzende Richter Bernd Emminghaus. Ja, bestätigt die Angeklagte, sie habe die Gelegenheit genutzt, als Wilfried ein paar Stunden nicht da war. Da habe sie ihre Sachen gepackt und sei zurück zu ihrer Mutter gefahren. Wilfried hatte sich eine spezielle Strafmaßnahme ausgedacht für angebliche Verfehlungen: "Decken, Alte", nannte er es: Er wickelte ihren Kopf in Decken und setzte sich dann darauf, so dass sie keine Luft mehr bekam. Es gab auch "Decken, Alte spezial" - da zog er ihr noch eine Plastiktüte über den Kopf. Das habe sie nicht mehr ausgehalten. Aber sie verständigte Wilfrieds Mutter von ihrer Flucht, "damit er sich keine Sorgen macht".

Landgericht Paderborn
:Angeklagte Angelika W. spricht über eigenes Leid in Höxter

Angelika W. und Wilfried W. stehen vor Gericht, weil sie mindestens zwei Frauen getötet haben sollen. Die 47-Jährige macht ihrem Ex-Partner vor Gericht schwere Vorwürfe.

Schon zwei Tage später ließ sie sich wieder zu einem Treffen überreden, und er machte ihr klar, dass sie ja immer selber schuld sei, wenn sie bestraft werden müsse. Er wolle ihr künftig helfen, das Fehlverhalten zu vermeiden, mit dem sie immer wieder die Strafmaßnahmen provoziere. Daraufhin zog Angelika W. wieder bei ihrem Ex-Mann ein. "Wie lange hat der gute Wille denn vorgehalten?", fragt der Richter. "Zwei Tage", antwortet Angelika W.

Schläge, Tritte, Boxhiebe

Im November 2011 dann zog zum ersten Mal eine andere Frau in das Haus in Höxter ein: eine der Frauen, die sich auf die unzähligen Bekanntschaftsanzeigen gemeldet hatte, die Angelika W. für ihren Ex-Mann geschalten hatte. Christel P., 46, aus Magdeburg, schlief mit Wilfried auf dem Sofa im Wohnzimmer, dem einzigen geheizten Raum im Haus, Angelika W. auf einer Matratze am Boden. Mit einer kurzen Unterbrechung an Weihnachten blieb Christel P. bis zum 23. März 2012 in Höxter. Ihr erging es nicht besser als Angelika W.: Wann immer sie gegen eine der vielen ungeschriebenen Regeln verstieß - zum Beispiel, weil sie Wilfried nicht in die Augen sah, wenn er sie ansprach - setzte es Schläge, Tritte, Boxhiebe.

Auch sie selbst habe sich an den Misshandlungen beteiligt, gibt Angelika W. zu. Einmal schlug Wilfried im Stall mit einer Schaufel zu - Christel P. behielt eine Narbe auf der Stirn. Schließlich setzte man sie wieder in den Zug nach Magdeburg. Zuvor musste sie einen Zettel unterschreiben: "Es ist zwischen uns zu keinem Streit, Körperverletzung, Vergewaltigung oder Angriff gekommen. Wir haben uns im Einvernehmen getrennt. Alle blauen Flecken habe ich mir bei einem Sturz auf der Treppe selbst zugezogen." Der Prozess wird fortgesetzt.

© SZ vom 01.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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