Süddeutsche Zeitung

Proteste in Brasilien:Mehrere Tote bei Polizeieinsatz in Favela von Rio

Stundenlage Schießereien: Bei Zusammenstößen zwischen der Polizei und Kriminellen in einer Armensiedlung von Rio de Janeiro sind mehrere Menschen getötet worden. Der Vorfall steht in unmittelbaren Zusammenhang mit den anhaltenden Demonstrationen in Brasilien.

Bei Schießereien zwischen Polizisten und mutmaßlichen Mitgliedern von Drogenbanden sind in einer Armensiedlung von Rio de Janeiro nach Medienberichten mindestens neun Menschen ums Leben gekommen. Offiziellen Angaben zufolge wurde bei dem Einsatz in der Favela Nova Holanda im Norden Rios auch ein Polizeibeamter erschossen. Mindestens sieben Menschen wurden durch Schüsse verletzt.

Die Schießerei hatte bereits am Montagabend begonnen und zog sich bis zum Dienstagmorgen hin. Die Polizei war gerufen worden, weil es auf der viel befahrenen Straße Avenida Brasil zu Überfällen von Autofahrern gekommen war, die wegen einer Protestaktion im Stau standen. Eine Demonstration in der Favela nahe dem internationalen Flughafen von Rio hatte in Diebstähle und Plünderungen gemündet. Es gab neun Festnahmen.

In Rio de Janeiro versucht die Polizei seit 2008, durch fest installierte Polizeiwachen in den Favelas die Sicherheit zu erhöhen. Die Favela Nova Holanda liegt im Komplex Maré, der bislang noch nicht von der Polizei besetzt und befriedet wurde.

Rio war in den vergangenen Tagen Schauplatz von Massenprotesten, an denen bis zu 300.000 Menschen teilnahmen. Brasilien durchlebt derzeit eine Welle von Protesten, die sich gegen Korruption, Ineffizienz und hohe Ausgaben des Staates für Großereignisse richten. Die Demonstranten fordern mehr Geld für soziale Belange. Präsidentin Dilma Rousseff hatte am Montag Milliardeninvestitionen in den maroden öffentlichen Nahverkehr angekündigt. Außerdem versprach sie, politische Reformen einzuleiten.

In vier Wochen werden bis zu zwei Millionen katholische Pilger zum Weltjugendtag in der Stadt am Zuckerhut erwartet; auch Papst Franziskus wird dann nach Rio kommen. Dafür werden die Sicherheitsvorkehrungen massiv verschärft.

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dpa/AFP/sebi/jhal
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