Süddeutsche Zeitung

Proteste bei Auftritt in Cambridge:Studenten gehen gegen Strauss-Kahn auf die Barrikaden

Dominique Strauss-Kahn wollte an der Elite-Universität Cambridge über die Weltwirtschaft debattieren, doch viele Studenten wollten lieber über Dominique Strauss-Kahn reden. Sie protestierten lautstark vor der Uni gegen den früheren IWF-Chef, der wegen Vergewaltigungsvorwürfen in die Schlagzeilen geraten war, und lieferten sich Rangeleien mit der Polizei.

Ein Auftritt des früheren IWF-Chefs Dominique Strauss-Kahn ist an der britischen Elite-Universität Cambridge von heftigen Protesten begleitet worden. Als einige der rund 200 Demonstranten versuchten, am Freitagabend eine Absperrung zum Debattierclub Cambridge Union zu überwinden, kam es zu Rangeleien mit der Polizei.

Eine 19 und eine 23 Jahre alte Frau seien festgenommen worden, sagte ein Polizeisprecher. Bereits am Nachmittag hatte die Polizei anrücken müssen, weil an einem der Uni-Gebäude Graffitis gegen den Auftritt Strauss-Kahns gesprüht worden war.

Wütende Studenten riefen "DSK, hau ab!" und "Schäm dich!" vor dem Ort der Veranstaltung, bei der Strauss-Kahn über die Weltwirtschaft sprach. "Vergewaltigungsopfer bekommen dieses Forum nicht", stand auf einem der Spruchbänder. Die traditionsreiche Institution solle nicht einen Mann mit einem derart problematischen Frauenbild einladen, sagten Demonstranten vor dem Hörsaal. Der 62-jährige Franzose sei bereits mehrfach beschuldigt worden, Frauen belästigt zu haben. Ihn einzuladen, sei daher "geschmacklos".

Strauss-Kahn: "Sie haben Unrecht"

Zu dem Vortrag zum Thema Wirtschaft waren hunderte Studenten gekommen. Journalisten durften nicht in den Saal, Strauss-Kahn ging durch einen Seiteneingang in das Gebäude.

Die Protestrufe waren aber auch im vollbesetzten Saal des Debattierclubs zu hören. "Sie können tun, was sie wollen - ich denke, sie haben Unrecht", kommentierte Strauss-Kahn nach Angaben eines Teilnehmers die Demonstration. Die strafrechtlichen Vorwürfe gegen ihn seien in New York fallengelassen worden, betonte er.

Strauss-Kahn war im vergangenen Jahr als Chef des Internationalen Währungsfonds (IWF) zurückgetreten, nachdem er wegen des Vorwurfs der versuchten Vergewaltigung eines Hotel-Zimmermädchens in New York festgenommen worden war. Ein Strafverfahren stellte die US-Justiz im August ein, da Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Zimmermädchens aufgekommen waren. Ein zivilrechtliches Verfahren läuft noch.

Anwalt des Zimmermädchens verurteilt Auftritt

Der Anwalt des New Yorker Zimmermädchens verurteilte den Auftritt in Cambridge. "Das ist ein Affront für alle Opfer von Sexualstraftaten", sagte Douglas Wigdor vor rund hundert Studenten in Cambridge. Er verlas auch eine Erklärung der französischen Autorin Tristane Banon, die Strauss-Kahn ebenfalls einen Vergewaltigungsversuch vorwirft. Sie habe "naiverweise" angenommen, jemand wie Strauss-Kahn werde nicht mehr zu Vorträgen eingeladen, hieß es darin.

Der Debattierclub verteidigte dagegen die Einladung des früheren IWF-Chefs. Dieser sei "außerordentlich gut qualifiziert", um über ökonomische Themen zu sprechen. Kritiker hatten im Vorfeld 800 Unterschriften gegen den Auftritt gesammelt. Organisiert worden war der Protest von der Frauengruppe des Studentenwerks.

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