Prostitution in Amsterdam:Weiblich, käuflich, 23

Im Kampf gegen die Rotlicht-Kriminalität will Amsterdam ein Mindestalter für Prostituierte einführen. Kritiker verurteilen den Plan: Sie sehen das Grundrecht auf Berufsfreiheit gefährdet

C. Kahlweit

Lodewijk Asscher ist ein umtriebiger junger Mann. Der 35-jährige Jurist amtiert in Amsterdam als Vize-Bürgermeister, hat über "Grundrechte der Kommunikation" promoviert, hat sich die Säuberung des Rotlichtviertels zur Aufgabe gemacht - und will am 3. März mit seiner Arbeitspartei bei den Kommunalwahlen gut abschneiden.

Prostitution in Amsterdam: Nach Meinung von Politikern sollen Amsterdams Prostituierte mindestens 23 Jahre alt sein.

Nach Meinung von Politikern sollen Amsterdams Prostituierte mindestens 23 Jahre alt sein.

(Foto: Foto: Reuters)

Eines der Grundrechte von Kommunikation ist es, im Wahlkampf populäre Positionen zu beziehen, daher hat Asscher am Dienstag dem Telegraaf gesagt, der Stadtrat plane eine Neuerung für das berühmte Rotlicht-Viertel: In Zukunft sollten Huren dort nur noch arbeiten dürfen, wenn sie mindestens 23 Jahre alt seien.

Junge Mädchen sehr "verletzlich"

Asscher geht davon aus, dass junge Mädchen noch sehr "verletzlich" seien; "eine Frau von 23 ist hingegen schon viel erwachsener und kann sich besser wehren." Außerdem fordert er, dass sich alle Prostituierten zukünftig bei der Handelskammer eine Lizenz holen müssten, um anschaffen zu gehen, und dass die Amsterdamer Huren-Fenster und Porno-Shops zwischen vier Uhr nachts und acht Uhr morgens zu schließen hätten. In dieser Zeit könnte die Polizei die Läden nach Zuhältern und Mädchenhändlern durchsuchen.

Hinter der Initiative Asschers steht eine sehr reale Bedrohung: Immer mehr Zwangsprostituierte werden in den Westen verschleppt; gerade erst letzte Woche habe die Polizei einen türkischen Mädchenhändler festgesetzt, der in großem Maße junge Frauen aus der Türkei nach Europa verbracht habe, berichtet Herbert Raat, Sprecher der Stadt Amsterdam.

Die Stadt versuche, sagt Raat, aus "moralischer Verpflichtung" gegen Zwangsprostitution und Kriminalität im Rotlichtviertel vorzugehen. Auch dem Parlament in Den Haag liege eine Initiative zur Altersbegrenzung für Sexarbeiterinnen vor - allerdings solle das Mindestalter landesweit bei 21 liegen.

Stefanie Klee vom "Bundesverband sexuelle Dienstleistungen" hält die Idee aus Holland für abwegig. Eine solche Beschränkung verstoße gegen das Grundrecht auf Berufsfreiheit; niemand könne einer volljährigen Frau verbieten, als Prostituierte zu arbeiten.

Zumindest die Initiative Amsterdams für die Säuberung des Rotlichtbezirks schreitet voran. Die Zahl der Genehmigungen für Bordelle wird reduziert; zahlreiche Gebäude wurden aufgekauft und neu genutzt. Nun soll, wenn es nach Asscher geht, so weit wie möglich sichergestellt werden, dass nur Prostituierte anschaffen gehen, die das freiwillig tun. Den Versuch wäre es wert.

Am Dienstag ist in Stuttgart die Rumänin Iana Matei von einer Zeitschrift zur "Europäerin des Jahres" gekürt worden, weil sie sich für die Opfer von Zwangsprostitution einsetzt. Allein 6000 Jugendliche unter 17 Jahren, schätzt Unicef, werden jährlich aus Osteuropa zum Anschaffen gen Westen gebracht. Matei konnte 400 von ihnen retten.

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