Süddeutsche Zeitung

Prostituiertenmorde in Kanada:Zeugen im Drogenwahn

Im Prozess um den mutmaßlichen Serienmörder Robert Pickton hat sein Verteidiger die Glaubwürdigkeit wichtiger Zeugen in Frage gestellt. Dem Schweinezüchter wird vorgeworfen, 26 Frauen umgebracht zu haben.

Im Prozess gegen den mutmaßlichen kanadischen Serienmörder Robert Pickton hat die Verteidigung am Montag die Glaubwürdigkeit zentraler Zeugen in Zweifel gezogen.

Der Anwalt Adrian Brooks warf der Zeugin Lynn Ellingsen vor, sie habe ihre detaillierten Schilderungen über eine an einem Fleischerhaken hängende ermordete Frau aus einem Drogenwahn abgeleitet. Der Zeuge Scott Chubb habe für seine Aussagen 750 Dollar erhalten, was durch ein Polizeidokument belegt sei, führte Brooks weiter aus.

Der Zeuge Andrew Bellwood sei unglaubwürdig, weil er eine lange Liste von Verbrechen begangen habe, um seinen Kokain-Konsum zu finanzieren. Bellwood hatte ausgesagt, Pickton habe ihm einmal geschildert, wie er Handschellen, Draht und einen Gürtel nutzte, um Frauen umzubringen.

Schrecklichster Serienmörder in der Geschichte Kanadas

Den Geschworenen redete der Anwalt ins Gewissen, sie müssten im Zweifel für den Angeklagten stimmen.

Spätestens am 27. November ziehen sich die Geschworenen zurück, um über die für die Urteilsfindung notwendige Zeit zu befinden. Der Prozess gegen Pickton, der als schrecklichster Serienmörder in der Geschichte Kanadas gilt, hatte vor zehn Monaten begonnen. Dem 57-jährigen Schweinezüchter wird vorgeworfen, 26 Frauen umgebracht zu haben.

Im aktuellen Prozess geht es um sechs Morde, die anderen sollen Gegenstand eines späteren Verfahrens sein. Der Angeklagte plädiert auf nicht schuldig. Die Staatsanwaltschaft legt ihm zur Last, die sechs Frauen jeweils alleine umgebracht zu haben.

Ähnlich wie schon zu Beginn des Prozesses wurde auch der erste Tag des Plädoyers der Verteidigung von Kundgebungen vor dem Gerichtsgebäude begleitet. Delegationen der kanadischen Ureinwohner fanden sich mit Trommeln ein, um ihre traditionellen Gesänge anzustimmen.

60 verschwundene Frauen

Insgesamt verschwanden im Stadtviertel Downtown Eastside von Vancouver rund 60 Frauen. In diesem Stadtteil gehen zahlreiche Ureinwohner der Prostitution nach, Drogenkonsum ist an der Tagesordnung.

Picktons Anwalt zog auch die Aussagekraft eines früheren Geständnisses seines Mandanten in Zweifel. Pickton sei damals zehn Stunden ohne Pause verhört worden. Zudem sei er benachteiligt, weil er nicht sonderlich intelligent sei.

Nach Angaben der Staatsanwaltschaft gestand Pickton im Jahr 2002 Morde an 49 Menschen. Demnach sagte er zu dem Ermittler, er habe gehofft, einen 50. Mord begehen zu können, um eine "runde Zahl" zu bekommen.

In dem Prozess kamen makabre Einzelheiten ans Licht: So soll Pickton sterbliche Überreste seiner Opfer an Schweine verfüttert haben. Die Ermittler fanden mehrere abgetrennte Köpfe und ein Gewehr, auf dessen Mündung ein Dildo mit DNA-Spuren von Pickton und einer der ermordeten Frauen aufgesetzt war.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.787903
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
AFP/bavo/woja
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.