Süddeutsche Zeitung

Profil:Der Anwalt, der das größte Rätsel der Luftfahrt lösen will

US-Privatermittler Blaine Gibson sucht rund um den Indischen Ozean Strände ab. Sein Ziel: Weitere Teile von MH370 finden - jenes Fluges, der heute vor zwei Jahren verschwand.

Von Arne Perras

Als Anwalt ist Blaine Gibson daran gewöhnt, sich durch Aktenberge zu wühlen. Doch lieber buddelt der blonde Amerikaner an fernen Stränden im Sand. Mit Urlaubsgefühlen hat das allerdings nichts zu tun. Vielmehr treibt ihn der Wille, eines der großen Rätsel der Gegenwart zu lösen. Gibson will Wrackteile von MH370 aufspüren, Trümmer jenes Flugzeuges also, das am 8. März 2014 plötzlich in Südostasien von den Radarschirmen verschwand.

Die Boeing 777 der Malaysia Airlines war in Kuala Lumpur gestartet und kam nie in Peking an. Der Fall zählt zu den größten Geheimnissen der Luftfahrt, und Gibson hat es sich in den Kopf gesetzt, bei dessen Aufklärung zu helfen. Auf eigene Faust.

Australien, Myanmar, Malediven, La Réunion: Viele Strände ist der Mann schon abgelaufen, hat Fischer befragt und einheimische Kapitäne zu Erkundungsfahrten angeheuert. Er hat sich Rat bei Ozeanografen und Strömungsexperten geholt, wo es am ehesten lohnt zu suchen. Nun war er gerade in Mosambik und hat dort einen aufsehenerregenden Fund gemacht: ein dünnes weißes Bruchstück mit einer Kantenlänge von 94 Zentimetern. Experten halten es für bemerkenswert, sie untersuchen gerade, ob es zum Leitwerk der Boeing gehört.

Bislang gibt es nur einen einzigen nachgewiesenen Rest von MH370. Auf Réunion fand man eine Landeklappe. Doch was an Bord geschah, und wo das Wrack geblieben ist, weiß man bis heute nicht. Gibson will selbst will keine voreiligen Schlüsse ziehen, kann seine Aufregung aber nur schwer verbergen: "Vielleicht gehört das Teil auch zu einem kleineren Flugzeug, aber es wäre einfach unglaublich, wenn es von MH370 kommt."

Manche erinnern sich bei Gibson an Indiana Jones

Der 58-jährige Amerikaner, der in Kalifornien aufwuchs, hat schon nach vielem gesucht in seinem Leben. In Sibirien forschte er nach Spuren eines mutmaßlichen Meteoriten, in Mittelamerika untersuchte er, warum die Kultur der Mayas unterging. In Äthiopien spürte er der mythischen Bundeslade der Israeliten nach. Er ist ein Abenteurer, und natürlich erinnern sich manche an die Filmfigur Indiana Jones. Er sei ein kluger und freundlicher Mensch, erzählen Bekannte des Juristen. Aber eben auch ein wenig exzentrisch.

An diesem Dienstag jährt sich das Verschwinden von MH370 zum zweiten Mal, das Datum ist eine wichtige Frist für Entschädigungsforderungen, die bis dahin eingereicht sein müssen. Es geht um viel Geld, und es gibt Streit. Manche Familien beklagen, Behörden und Airline versuchten, sich ihrer Verantwortung zu entziehen, was diese zurückweisen.

Gibson mischt sich da nicht ein. "Mir geht es nicht um Geld, sondern um die Wahrheit", sagt der Privatermittler. Auch eine Theorie will er nicht äußern. "Aber alles, was zur Wahrheit führt, muss man machen." Deshalb sucht er. Und vielleicht wird es irgendwann genügend Puzzleteile geben, um ein Bild der Tragödie zu zeichnen, die ein Flugzeug mit 239 Menschen verschwinden ließ.

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Quelle:
SZ vom 07.03.2016
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