Problemwolf GW924m:Serientäter flüchtet vor seinem Todesurteil

Wölfe im Schnee

Auf der Jagd nach dem Problemwolf: 40 Kälber und Schafe soll das Tier (hier ein Artgenosse in Gefangenschaft) schon gerissen haben.

(Foto: Swen Pförtner/dpa)
  • Der sogenannte "Problemwolf GW 924m" hat sich aus Schleswig-Holstein, wo er zum Abschuss freigegeben war, nach Mecklenburg-Vorpommern abgesetzt.
  • Er soll mehr als 40 Schafe und Kälber gerissen haben
  • Das Raubtier muss innerhalb von fünf Tagen ungefähr 120 Kilometer Fußweg zurückgelegt haben

Von Peter Burghardt, Hamburg

Die Mauer ist ja vor drei Jahrzehnten verschwunden, da sah der Problemwolf GW 924m beim Grenzübertritt offenbar kein Problem. Das mittlerweile legendäre Tier war bis vor Kurzem in Schleswig-Holstein verortet worden, genauer gesagt in den Landkreisen Pinneberg, Steinburg und Segeberg. Es hat dort laut Kieler Landwirtschaftsministerium seit Februar "nachweislich mehr als 40 Schafe und Kälber" gerissen, in 40 Fällen nach Überwindung eines Schutzzauns. Die Behörde erteilte deshalb eine Abschussgenehmigung, aber jetzt scheint der Serientäter diesem Todesurteil entkommen und nach Mecklenburg-Vorpommern vorgedrungen zu sein.

Er wurde auf dieser anderen Seite der Republik zwar nicht auf frischer Tat ertappt, allerdings danach. Denn am 26. Oktober fand diese Kriminalgeschichte beziehungsweise Jagdgeschichte ihre Fortsetzung bei Grambow nahe Schwerin. In seinem mutmaßlich neuen Revier fielen dem Räuber mit der Fahndungsnummer GW 924m Weidetiere zum Opfer, wie eine DNA-Probe ergab.

Problemwolfswanderschaft

Am 21. Oktober hatte dasselbe Exemplar bereits in Schwochel in Ostholstein zugeschlagen, der Wolf "konnte per DNA-Probe überführt werden", schreibt das schleswig-holsteinische Landwirtschaftsministerium über jene Tat. Setzt man als Ermittlungshilfe Google Maps ein, so kommt man zu dem Schluss, dass das ebenso bissige wie agile Phantom in höchstens fünf Tagen dann mindestens 70 Kilometer Fußweg zurückgelegt haben muss, falls es seine Beute im Osten mehr oder weniger direkt angesteuert hat.

Ein sehr beweglicher Wolf also. "Wolf auf Wanderschaft", so das Umwelt- und Landwirtschaftsministerium in Kiel, geleitet vom Grünen Jan Philipp Albrecht, in einer Mitteilung. Was bedeutet diese Wolfswanderschaft nun für Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern?

In Schleswig-Holstein soll die sogenannte Allgemeinverfügung "zur Entnahme des Wolfes GW 924m" außer Kraft gesetzt werden, wie es in der offiziellen Mitteilung heißt. Veröffentlicht wird das im Amtsblatt vom 2. Dezember, doch die Jäger im vorherigen GW-924m-Bezirk in Schleswig-Holstein sind schon jetzt dazu aufgerufen, nicht mehr auf einen etwaigen Wolf in ihrer Umgebung zu schießen. Ohnehin war das Schießen an die Bedingung geknüpft, jederzeit amtliche E-Mails empfangen zu können - der gesuchte Wolf floh durch westliche Funklöcher. Wölfe jenseits ausgeschriebener Problemwölfe wiederum sind nach wie vor geschützt.

Und wie reagiert Mecklenburg-Vorpommern? Dem Schweriner Agrarminister Till Backhaus (SPD) wird von Schafzüchtern vorgeworfen, er habe Aktivitäten von GW 924m verschleiert. "Der Rüde hat das Töten von Nutztieren ja nicht verlernt, nur weil er über die grüne Grenze gelaufen ist", wird Jürgen Lückhoff zitiert, der Vorsitzende des Landesschafzuchtverbandes. Backhaus weist die Kritik "aufs Schärfste zurück" und will prüfen, "inwieweit wir auch hierzulande eine artenschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung erteilen werden", also eine Schießerlaubnis. Laut Nordkurier wäre GW 924m "nach 1990 der erste Wolf, der mit amtlichem Segen im Nordosten geschossen würde".

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