Süddeutsche Zeitung

Zum Tod von Prinz Philip:"Er wird uns fehlen"

In der U-Bahn, im Hyde Park und vor dem Buckingham Palace: Am Todestag von Prinz Philip verneigt sich ganz London.

Von Alexander Mühlauer, London

Es ist ein strahlend blauer Nachmittag, nur ein paar Wolken sind über dem Buckingham Palace zu sehen, darunter weht der Union Jack auf halbmast. Vor dem schwarzen Eisenzaun mit den goldenen Spitzen haben die Menschen Blumen, Briefe und Flaggen niedergelegt. Sie sind an diesem Freitag gekommen, um ihr Beileid zu bekunden. Jetzt, da Prinz Philip verstorben ist, zwei Monate vor seinem 100. Geburtstag.

Dabei ist es gar nicht so einfach, so etwas wie Mitgefühl zu zeigen, es gelten ja noch immer die Lockdown-Regeln. Man darf sich nicht umarmen. Man darf nicht zu nah beieinanderstehen. Und man darf sich schon gar nicht in größeren Gruppen treffen. Wie gerne würden so manche jetzt ins Pub gehen, ein Pint trinken und darüber reden, was der Tod des Duke of Edinburgh bedeutet. Für die Royal Family, das Königreich und ja, auch für einen persönlich. Aber die Pubs und die Restaurants sind geschlossen, erst am Montag dürfen sie wieder aufmachen.

Und so legen die meisten Menschen an diesem Freitagnachmittag ihre Blumensträuße sanft vor dem Palastzaun nieder, verweilen kurz und gehen wieder. Polizisten achten darauf, dass die Abstandsregeln einigermaßen eingehalten werden, aber sie müssen im Grunde nicht viel sagen. Es gelingt auch ohne ihr Eingreifen erstaunlich gut. Die meisten, die zum Buckingham Palace gekommen sind, verhalten sich sehr diszipliniert.

Die Britinnen und Briten nehmen in respektvoller Ruhe Abschied von einem, der diesem Land gedient hat. Sie nehmen Abschied von einem, der die Queen fast sein Leben lang begleitet hat. Und sie nehmen Abschied von einem, der die Monarchie auch noch im hohen Alter stets mit einer gewissen Lässigkeit verkörperte.

Die Glocken der Westminster Abbey läuten 99 Mal

"Er wird uns fehlen" - diese vier Worte hört man an diesem Freitag des Öfteren. Man hört sie vor dem Palast. Man hört sie im Hyde Park. Und man hört sie in der Tube, wo die Menschen, wenn es der Empfang zulässt, mit ihrem Handy auf die Website der BBC schauen. Die British Broadcasting Corporation zeigt an diesem Tag der Trauer was sie hat. Bilder aus dem Leben von Prinz Philip. Bilder aus fast einem Jahrhundert.

Es ist eine kollektive Verneigung, die an diesem Freitag in London - und nicht nur dort - stattfindet. Vor 10 Downing Street, dem Amtssitz des Premierministers, sagt Boris Johnson das, was gesagt werden muss. Er trägt einen schwarzen Anzug, eine schwarze Krawatte und würdigt Prinz Philip als "Stärke und Stütze" der Queen; als einen Lenker des Königshauses, "eine Institution, die unbestreitbar bedeutsam für das Gleichgewicht und das Glück unseres nationalen Lebens bleibt".

Was nun in den kommenden Tagen passieren wird, folgt dem royalen Protokoll. "Operation Forth Bridge" heißt es, benannt nach der Eisenbahnbrücke über den Firth of Forth nahe der schottischen Hauptstadt Edinburgh. Bis zur Beerdigung von Prinz Philip gilt nun eine landesweite Trauerzeit. Die Mitglieder der königlichen Familie werden keine Termine wahrnehmen. Königin Elizabeth II. wird als Staatsoberhaupt keine Gesetze mit ihrer Unterschrift in Kraft setzen.

Auch das britische Parlament folgt klar festgelegten Regeln. So wird der königliche Zeremonienstab in schwarzes Tuch geschlagen, die Abgeordneten tragen von nun an schwarze Bänder am linken Arm; die männlichen Parlamentarier eine schwarze Krawatte. Es ist die Zeit der Trauer. Der Wahlkampf, der gut einen Monat vor den Regionalwahlen bereits begonnen hat, wird ausgesetzt.

Ganz in der Nähe des Parlaments läuten an diesem Freitagabend dann noch die Glocken der Westminster Abbey. Und zwar 99 Mal - einmal für jedes Lebensjahr von Prinz Philip. Überall im Vereinigten Königreich wehen die Flaggen auf halbmast. So wie auf dem Dach des Buckingham Palace.

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