Süddeutsche Zeitung

Trauerfeier auf Schloss Windsor:Farewell, Duke

Eine einsame Queen, ein plaudernder Harry und ein maßangefertigter Leichenwagen: Die Royals nehmen Abschied von Prinz Philip.

Von Alexander Mühlauer, London

Schon vor der Beisetzung auf Windsor Castle war viel von jenem maßangefertigter Leichenwagen die Rede, den Prinz Philip noch zu Lebzeiten für seine Trauerfeier bauen ließ. Bereits im Jahr 2003 hatte der Duke of Edinburgh damit begonnen, zusammen mit Designern und Ingenieuren einen Land Rover Defender für seinen Abschied zu entwerfen. Vor zwei Jahren soll er die letzten Feinheiten besprochen haben, um sicherzustellen, dass ja alles in seinem Sinne geschehen werde.

Und so war es dann auch.

Der Sarg des Prinzen wurde am Samstagnachmittag auf der Ladefläche eines militärgrün lackierten Land Rover zur St. George's Chapel auf Schloss Windsor transportiert. Ganz so wie Prinz Philip dies in minutiöser Vorarbeit geplant hatte.

Wenn man so will, war der Leichenwagen im Military-Look die wohl auffälligste Extravaganz, die sich Prinz Philip bei der Planung seiner eigenen Beerdigung erlaubt hatte. Ansonsten wird das Abschiednehmen an diesem strahlend blauen Apriltag vor allem wegen seiner durchaus kraftvollen Bescheidenheit in Erinnerung bleiben. Denn für royale Verhältnisse war diese Zeremonie genau das: schlicht, zurückhaltend und vielleicht genau deshalb für viele im Vereinigten Königreich so würdevoll und ergreifend.

Prinz Philip war am 9. April im Alter von 99 Jahren gestorben. Wegen der Corona-Pandemie musste das Begräbnis im engsten Familienkreis stattfinden. Lediglich 30 Teilnehmer waren erlaubt. Als Prinz Philips Sarg um 14.40 Uhr britischer Zeit von acht Männern in Uniform auf den Land Rover gehoben wurde, begann das letzte Geleit. Direkt hinter dem Leichenwagen schritt in der ersten Reihe Prinz Charles, Philips erstgeborener Sohn. Der Thronfolger wirkte an diesem Tag sichtlich ergriffen. Als er neben seiner Schwester Prinzessin Anne direkt hinter dem Land Rover ging, kämpfte er augenscheinlich mit den Tränen.

Die Queen selbst folgte dem Trauerzug in ihrer auberginefarbenen Staatslimousine. Es war ein Bild von hoher Symbolkraft, denn zum ersten (und zum letzten) Mal durfte Philip, der sein Leben lang stets zwei Schritte hinter seiner Gemahlin Königin Elizabeth II. zu gehen hatte, nun zumindest als Verstorbener metaphorisch vorangehen. Unter Glockenläuten und Kanonenschüssen begab sich die Trauergemeinschaft vom Schlosshof zur St. George's Chapel. Dort wiederum war die Queen die erste, die mit dem Erzbischof von Canterbury und dem Dekan von Windsor hineinging. Um Punkt 15 Uhr verstummte das ganze Land in einer Schweigeminute.

"Herausragendes Beispiel für christlichen Dienst"

In der Kapelle saß die Königin ganz vorne und ganz allein auf der Kirchenbank. Sie trug eine schwarze Mund-Nase-Bedeckung mit weißem Rand, einen schwarzen Hut und einen schwarzen Mantel. Neben sich stellte sie eine schwarze Handtasche. Den Gottesdienst verfolgte die Königin, soweit das auf den Fernsehbildern zu erkennen war, mit stoischer Aufmerksamkeit. Mit gesenktem Kopf las sie Rede- und Liedtexte mit. Immer wieder setzte sie dafür ihre Lesebrille auf.

In einem Gebet dankte der Erzbischof von Canterbury, Justin Welby, dem Verstorbenen für seinen "entschlossenen Glauben und seine Loyalität, für seinen hohen Sinn für Pflicht und Integrität, für seinen lebenslangen Dienst an der Nation und dem Commonwealth und für den Mut und die Inspiration seiner Führung". Der anglikanische Primas betonte, Philip habe der Queen 73 Jahre lang treu und loyal zur Seite gestanden. "Er stellte konsequent die Interessen anderer vor seine eigenen und gab damit ein herausragendes Beispiel für christlichen Dienst."

Auf dem Sarg des Royal Consort, wie der Gemahl der Königin offiziell heißt, war ein Bouquet aus weißen Rosen und Lilien befestigt, die Queen hatte es selbst ausgesucht. Davor lagen der Marinesäbel und die Admiralsmütze des Duke of Edinburgh, der im Zweiten Weltkrieg in der Royal Navy gedient hatte. Auch sonst war Philips Verbundenheit zum Militär allgegenwärtig. Im Schlosshof spielte die Royal Air Force Band, vor der Kapelle pfiffen Abgeordnete der Marine ein Lied. Auch das hatte der Duke of Edinburgh so im Drehbuch für seine eigene Trauerfeier festgelegt.

Nach dem Gottesdienst wurde Prinz Philip zunächst in der königlichen Gruft in der St. George's Chapel beigesetzt. Dort wird sein Sarg bleiben, bis die Queen stirbt. Dann wird das Paar gemeinsam in der "King George VI Memorial Chapel" bestattet. Dort fanden auch König George VI., der Vater von Elizabeth II., sowie ihre Mutter die letzte Ruhe.

Als Philips Sarg mit Hilfe eines Elektromotors langsam im Boden der Kapelle versank, hörten die Trauergäste die Musik eines Dudelsackspielers, der dem Duke of Edinburgh im Schottenrock die letzte Ehre erwies.

Um 15.54 Uhr war die Zeremonie vorbei, die Queen stieg wieder in ihre Staatslimousine, die draußen vor der Kapelle auf sie wartete. Die von der Königin angeordnete familiäre Trauerzeit geht nun noch bis Ende dieser Woche. Und so dürfte Elizabeth II. ihren 95. Geburtstag am kommenden Mittwoch nur im engsten Kreis feiern, wenn überhaupt. Es wird erwartet, dass die Queen die nächste Zeit auf Windsor Castle verbringen wird, um nah bei ihrem verstorbenen Philip sein zu können.

Während die Königin also am Samstag bereits auf dem Weg zurück zum Schloss war, gingen ihr Sohn Charles und all die anderen, die an diesem Samstag nach Windsor gekommen waren, zu Fuß den Chapel Hill hinauf. Besonderes Augenmerk galt dabei Philips Enkeln, Prinz William und Prinz Harry. Den Brüdern wird ein schweres Zerwürfnis nachgesagt, nachdem Harry und seine Frau Herzogin Meghan die Königsfamilie in einem Fernsehinterview des Rassismus bezichtigt hatten. Meghan war wegen ihrer Schwangerschaft nicht aus Nordamerika zur Beerdigung gereist. Und so saß Harry ohne seine Ehefrau auf der Kirchenbank.

Nach dem Gottesdienst ging Williams Frau Herzogin Kate draußen vor der Kapelle auf ihn zu und begann ein Gespräch. In den britischen Sonntagszeitungen wurde sie deshalb als "Friedensstifterin" gefeiert. Am Ende des Begräbnisses ging Harry zwischen Kate und William Richtung Schlosshof hinauf. Sie schritten nicht nur nebeneinander her, sie sprachen auch miteinander.

Ein Anblick, der Prinz Philip wohl gefallen hätte.

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