Süddeutsche Zeitung

Prinz Ernst August von Hannover:"Wahrscheinlich zurückgeboxt"

Auf dem Landsitz von Ernst August von Hannover in Österreich rückt die Polizei an. Der Einsatz eskaliert - und nun ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen den Prinzen.

Von Oliver Klasen

Für die Beamten der Polizeiinspektion im oberösterreichischen Scharnstein schien es ein Routineeinsatz zu sein. Der Notruf ging um 1.06 Uhr in der Nacht zum Mittwoch ein, schreibt das Boulevardblatt Kronen-Zeitung, das zuerst über den Fall berichtete. Eine Person, die im Graben liegt und sofort Hilfe braucht, das waren die Informationen, die die Polizisten hatten. 20 Minuten später waren sie am Ort des Geschehens. An der Adresse im knapp zehn Kilometer entfernten Ort Grünau, zu der sie gerufen wurden, ist ein prominenter Bewohner ansässig: Ernst August von Hannover, 66, ein einst skandalerfahrener, inzwischen sehr öffentlichkeitsscheuer Welfenprinz, Oberhaupt des Hauses Hannover, der dort, etwa 100 Kilometer östlich von Salzburg, in einem Jagdhaus residiert.

Von der zuständigen Landespolizeidirektion Oberösterreich gibt es mit Rücksicht auf die Persönlichkeitsrechte des Betroffenen nur knappe Informationen. Ja, es habe in der betreffenden Nacht einen Polizeieinsatz gegeben, bei dem auch die Rettung hinzugezogen worden sei, und in dessen Verlauf sich "eine Person äußerst aggressiv gegenüber den Helfern verhielt". Weil eine Selbstgefährdung nicht habe ausgeschlossen werden können, sei der Mann "nach einer ärztlichen Untersuchung" vorübergehend in das Klinikum Vöcklabruck gebracht worden.

"'Skandalprinz' nach Polizeieinsatz in Psychiatrie", so überschrieb die Boulevardzeitung ihren Bericht, in dem auch der Prinz ausführlich zu Wort kommt und die bei dem Vorfall erlittenen Wunden in Nahaufnahme gezeigt werden. Er sei unterzuckert gewesen, habe deshalb den Notruf gewählt. Ohne einen für ihn ersichtlichen Grund sei neben der Rettung auch die Polizei mitgekommen, sie trafen den Prinzen in seinem Anwesen an. Einer der Beamten sei dann grundlos auf ihn losgegangen, sagte Ernst August den Reportern. Er habe "wahrscheinlich zurückgeboxt", woraufhin ihm die Beamten "Handschellen angelegt, die Hose heruntergezogen und ihn durch den Raum geschleift" hätten.

Der Prinz soll die Beamten mit einem Messerschleifer bedroht haben

Die Staatsanwaltschaft Wels erklärt auf SZ-Anfrage, dass gegen den Prinzen ermittelt werde, unter anderem wegen schwerer Körperverletzung und versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt. Wie es in dem Kronen-Zeitung-Bericht heißt, soll Ernst August einen Polizisten erst am Kopf gepackt und ihn später ins Gesicht geschlagen haben. Außerdem soll er beide Beamten mit einem Messerschleifer bedroht haben. Die Rede ist dort auch von einem Mann und einer Frau, die die Polizei auf dem Grundstück des Prinzen antraf. Von dem Mann soll sich Ernst August angeblich mit dem Tod bedroht gefühlt haben.

Ernst August von Hannover, ein Urenkel des letzten deutschen Kaisers Wilhelm II. und getrennt, aber nicht geschieden von seiner zweiten Ehefrau, Prinzessin Caroline von Monaco, ist in der Öffentlichkeit schon mehrfach durch Gewalt aufgefallen. Der erste aufsehenerregende Vorfall ereignete sich 1998, als der Prinz mit seinem Regenschirm auf einen Kameramann einschlug. Ein Jahr später soll Ernst August bei den Salzburger Festspielen einer Fotografin einen gezielten Tritt versetzt haben, das Verfahren in dieser Sache wurde jedoch in zweiter Instanz eingestellt. Rechtskräftig verurteilt wurde der Prinz, weil er im Jahr 2000 in Kenia einen deutschen Hotelier verprügelt haben soll. Die Strafe hier nach mehreren Prozessen durch die Instanzen: 200 000 Euro.

Schlagzeilen machte der Prinz ansonsten durch öffentliches Urinieren, zu schnelles Fahren und zuletzt durch einen bizarren Rechtsstreit mit seinem Sohn, in dem es um ein mittlerweile sanierungsbedürftiges Herrschaftsanwesen südlich von Hannover ging. Der Sohn, der das Schloss 2004 von seinem Vater geschenkt bekommen hatte, wollte es für den symbolischen Preis von einem Euro an das Land Niedersachsen verkaufen. Der Vater jedoch erachtete die Schenkung als ungültig, weil ihn der Sohn "in verschiedenster Hinsicht schwer enttäuscht" habe, wie Ernst August über seinen Anwalt in einem 32-seitigen Schreiben an Ministerpräsident Stephan Weil erklären ließ.

War der Gegenstand des Streit damals immerhin ein Märchenschloss im Stile Neuschwansteins, so geht es bei den Vorwürfen um den Polizeieinsatz profaner zu. Der Prinz, so heißt es in dem Zeitungsbericht, wolle seinerseits die Polizei und die psychiatrische Klinik verklagen, in die er gebracht worden sei. Die Anwaltskanzlei, die den Prinzen vertritt, hat das jedoch bisher nicht bestätigt.

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