Prinz Ernst August: Kenia-Prozess:Ohrfeigen mit Spätfolgen

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Folgen einer Schlägerei in Kenia: Der Gutachter sagt erneut im Prozess gegen Ernst August von Hannover aus. Der droht mit einer Schadenersatzklage.

Im zweiten Prozess um die Prügelattacke von Ernst August Prinz von Hannover in Kenia hat ein Rechtsmediziner seine erste Einschätzung der Verletzungen des Opfers relativiert. Die Aussagen des Disco- und Hotelbesitzers, er habe starke Schmerzen und auch Atemnot erlitten, seien anhand des Verletzungsbildes plausibel, sagte Professor Hans Dieter Tröger von der Medizinischen Hochschule Hannover am Montag im Landgericht Hildesheim.

Ernst August Prinz von Hannover (links) muss sich wegen einer Attacke vor Gericht verantworten, die mehr als neun Jahre zurückliegt. Er hatte die Strafe von 445.000 Euro als zu hoch angesehen und hatte gemeinsam mit seinem Anwalt Hans Wolfgang Euler eine Wiederaufnahme erwirkt. (Foto: Foto: dpa)

Im ersten Prozess im Jahr 2004 hatte er indes noch von "potenziell lebensbedrohlichen" Verletzungen an der Lunge gesprochen. Wegen der Diskrepanz der Gutachten drohte der Prinz dem Rechtsmediziner am Montag über seinen Anwalt mit einer Schadensersatzklage.

Es stellt sich auf einmal auch die Frage, ob nicht nur Ohrfeigen und Fausthiebe eine Rolle gespielt haben könnten. Danach soll der Prinz, mit Verweis auf drei kenianische Augenzeugen, mit der Faust zugeschlagen haben, als er wegen des Lärms aus einer Disco mit deren Besitzer Josef Brunlehner aneinander geraten war. Der Prinz dementiert.

Der Mediziner bezieht sich in seinem Gutachten auf die Untersuchungsberichte und Fotos der kenianischen Ärzte. Diese hatten bei dem Hotelier eine Schwellung am Schlüsselbein und Abschürfungen unterhalb des Brustkorbes festgestellt. In einem ersten Verfahren 2004 vor dem Landgericht Hannover hatte Tröger das Opfer nur in Augenschein genommen und den Brustkorb abgetastet. Die geschilderten Schmerzen und das Erbrechen von Blut könnten durch einen Rippenbruch oder eine Lungenquetschung verursacht worden sein, sagte er. Eine Rippenbruch sei objektiv zwar nicht nachweisbar, aber auch nicht auszuschließen. "Grundsätzlich passen die Schilderung und die Verletzungen zusammen", sagte Tröger.

"Schilderungen und Verletzungen passen zusammen"

"Diese Verletzungen sind nicht alleine durch Faustschläge entstanden. Es war stumpfe Gewalt mit einem Gegenstand", betonte Tröger. Man müsse davon ausgehen, "dass hier erhebliche Gewalt vorgelegen hat".

Die meisten Verletzungen gingen wahrscheinlich auf "stumpfe Gewalt mit einem irgendwie gearteten Werkzeug", wie einem Schlagring, einem großen Ring oder einem metallenen Arm- oder Uhrband, zurück. Der Welfenprinz selbst hatte in dem Prozess die Attacke an dem kenianischen Strand zwar eingeräumt, will dem Hotelier jedoch nur zwei Ohrfeigen verpasst haben.

Selbstverletzung weitgehend ausgeschlossen

Tröger sah keine Anzeichen dafür, dass sich der Hotelier selbst verletzt haben könnte. Er schloss prinzipiell aber nicht aus, dass die Verletzungen bei der Flucht des Hoteliers durch Abschürfungen an dessen Boot entstanden sein könnten. Aufgrund von Zeugenaussagen sei ein solcher Hergang aber nicht nachvollziehbar.

In dem neuaufgerollten Verfahren will der Ehemann von Caroline von Monaco eine mildere Strafe erwirken. Das Landgericht Hannover hatte ihm 2004 wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Geldstrafe in Höhe von 445.000 Euro verurteilt. Die Wiederholung des Prozesses hatte Ernst August von Hannover im Wiederaufnahmeverfahren durchgesetzt. Eine Körperverletzung mit einem Gegenstand gilt in der Regel als gefährlich und wird härter bestraft.

In einer nach der Verhandlung nachgereichten Presseerklärung aus der Kanzlei des Anwalts Hans Wolfgang Euler heißt es zu dem Streitpunkt: "Wer dem Nebenkläger (Josef Brunlehner, Anm. d. Red.) die objektiv festgestellten Verletzungen zugefügt hat, war nicht Gegenstand seiner (Hans Dieter Trögers, Anm. d. Red.) Begutachtung. Hierüber wurde er nicht befragt. Er hat dazu auch von sich aus kein Wort verloren. Den Verfahrensbeteiligten ist allerdings bekannt, dass zwischen der Auseinandersetzung in Lamu und der ersten medizinischen Versorgung mehr als zwei Stunden lagen. Die Ereignisse während dieser Zeit sind ungeklärt. (...) Die behandelnden Ärzte und ärztlichen Helfer aus Kenia haben dagegen schon in der Hauptverhandlung berichtet, dass kein einziges Symptom für eine derartige Verletzung (einer Lungenkontusion oder Schocklunge in Folge möglicher Schläge, Anm. d. Red.) von ihnen beobachtet worden sei. Dies hat der Sachverständige berücksichtigen müssen. Er kam dabei zu dem Ergebnis, vor dem Hintergrund jener Aussagen sei das behauptete Verletzungbild nicht plausibel. Damit ist der zentrale Vorwurf des Nebenklägers gegen Prinz Ernst August von Hannover vom Sachverständigen widerlegt worden. Festzuhalten ist zudem, dass Professor Tröger die Inhalte seines Gutachtens über Art und Ausmaß der Verletzungen des Nebenklägers, mit denen das Landgericht Hannover die Verurteilung des Prinzen von Hannover wesentlich begründet hatte, nicht mehr aufrecht erhielt."

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