Printenkönig Hermann Bühlbecker:Eine Torte für Ivana Trump

Für seine Partys schmücken sich Frauen gerne mal mit Mozartkugeln: Der Schokofabrikant Hermann Bühlbecker liebt Auftritte in der Bussigesellschaft. Und die sind auch noch gut für's Geschäft.

Christian Mayer

Wer Hermann Bühlbecker verstehen möchte, sollte sich die Geschichte mit der Hochzeitstorte anhören. Ein paar Monate ist es her, als sich Ivana Trump noch einmal anschickte, den Bund fürs Leben zu schließen. Ihre vierte Traumhochzeit sollte es werden, die Einladungen waren verschickt, die Klatschreporter in heller Aufregung.

Printenkönig Hermann Bühlbecker: Dr. Hermann Buehlbecker and models attend the Lambertz Monday Night Schoko & Fashion at the Alten Wartesaal on January 28, 2008 in Cologne, Germany

Dr. Hermann Buehlbecker and models attend the Lambertz Monday Night Schoko & Fashion at the Alten Wartesaal on January 28, 2008 in Cologne, Germany

(Foto: Foto: Getty)

Als Bräutigam durfte sich der italienische Playboy Rossano Rubicondi inszenieren, 37 Jahre alt und somit mehr als zwei Jahrzehnte jünger als die Braut, die einst an der Seite des Immobilientycoons Donald Trump geglänzt hatte.

Was schenkt man einer nicht mehr ganz jugendlichen Freundin, die sich zur Hochzeit einen Ehering für eine Million Dollar leistet und ein Orchester aus Paris einfliegen lässt? "Du kriegst ein buntes Päckchen", sagte Hermann Bühlbecker zu Ivana Trump. Gemeinsam zeichneten beide einen ersten Entwurf, dann wuchs das "Päckchen" zu einer 3,5 Meter hohen Hochzeitstorte heran.

Aachener Konditoren schufen ein zentnerschweres Rokoko-Kunstwerk aus Zucker, verziert mit zwanzig Engeln, deren goldene Flügel bei der Hochzeitsgesellschaft im Country Club von Palm Beach in Florida erheblichen Eindruck machten: "Ich wollte, dass die Torte richtig schrill und bombastisch wird", erzählt Bühlbecker. Noch am selben Abend schickten die amerikanischen Fernsehsender Bilder von seinem Präsent in die Wohnzimmer der ganzen Nation.

Hausbesuch bei der Firma Lambertz in Aachen. Der Eigentümer sitzt im Besprechungsraum seiner Schokoladenfabrik. An den Wänden hängen Porträts von Monarchen, Staatspräsidenten und Hollywood-Stars. Über seine Erfolge spricht er im leichten Singsang seiner Heimatstadt, sein Vortrag ist von einer gewissen Rastlosigkeit gekennzeichnet. Man spürt schnell, dass er sich in der Kunst des Smalltalk hervorragend auskennt.

Dominostein für Dominostein

Während sich Bühlbecker festplaudert, laufen nebenan in den Fabrikhallen die Öfen der alten Backmaschinen heiß. Das Weihnachtsgeschäft hat begonnen, die Geschäfte gehen gut. 500 Millionen Euro Umsatz hat sein Unternehmen im letzten Geschäftsjahr gemacht, ein neuer Rekord. Lambertz hat, Dominostein für Dominostein, Märkte in den USA und Osteuropa erobert. In Polen essen sie das ganze Jahr über seine Lebkuchen, dort hat Bühlbecker eigens eine Fabrik gebaut.

Aber das ist nicht der Grund, warum er so oft in den bunten Magazinen auftaucht. Bühlbecker genießt glamouröse Auftritte; er scheint im Blitzlicht aufzublühen wie eine Hollywood-Diva. Als "Printenkönig" hat er eine staunenswerte Parallelkarriere gemacht, auch wenn er diese Bezeichnung milde zurückweist: "Das ist doch ein Klischee - aber vielleicht ja ganz gut für die Marke."

Phänotypisch hat sich der Printenkönig längst den Kunstfiguren aus der Society angenähert; mit seinem langen Grauhaar und dem akkurat geschnittenen Bart könnte er in einer Balzac-Verfilmung einen französischen Grafen spielen. Bei der "Lambertz Night" während der Süßwarenmesse in Köln empfängt er seine Gäste in einem märchenhaften Gehrock am roten Teppich.

Lächelnd posiert er dann mit Schauspielerinnen, die sich für die jährliche Schokoladenparty gerne auch mit Mozartkugeln dekorieren. Er sei "nicht eitler als andere auch", hat er mal gesagt, aber es gefällt ihm, wenn er Komplimente für seinen flachen Bauch bekommt.

Der 58-Jährige, der mal Tennisprofi werden wollte, kennt sie alle. Es gibt Fotos mit Sharon Stone, die er zur Berlinale holte, mit Boris Becker, dessen Stiftung er unterstützt, mit Schmusesänger Chris de Burgh, der ihn mit einem mitternächtlichen Auftritt beglückte, als sein Tennisklub Kurhaus Bad Aachen die deutsche Meisterschaft feierte.

Wladimir Klitschko nennt ihn seinen Freund, von Paulo Coelho lässt er sich nach Hause einladen. Caroline von Monaco trifft er beim Rotkreuzball, Nastassja Kinski begleitet er zu Kerner. Und Angela Merkel begrüßt er höchstpersönlich, wenn er als Sponsor beim großen Chio-Reitturnier in Aachen Hof hält.

Abends auf der Gala, morgens im Büro

Er selbst gefällt sich in der Rolle eines wohltätigen Mäzens. Und wenn die Aktivitäten auf dem roten Teppich dem Unternehmen nutzen, umso besser. Bühlbecker ist selten abends zu Hause, immer hat er irgendeine Einladung, "dabei sage ich ja schon 90 Prozent ab".

Abends um 17 Uhr geht der Flieger, schnell mal eine Gala, morgens sitzt er dann wieder frisch frisiert im Büro. "Auf manche Dinge könnte man schon verzichten", gesteht er in einem seltenen Moment des Zweifels, um dann doch alles ganz toll zu finden, die Powerchild-Gala von Veronica Ferres in München oder die "White Tie and Tiara"-Party der Aids-Stiftung von Elton John in London. "Manchmal ärgere ich mich, wenn ich in den Klatschkolumnen auftauche. Da heißt's dann, der Bühlbecker posiert beim Aachener Reitturnier neben Germany's Next Topmodel. Dabei war das meine Veranstaltung - ich habe 200 von 600 Gästen eingeladen!"

Angefangen hat alles, als es der Firma überhaupt nicht gut ging. 1976 stieg der promovierte Betriebswirt bei Lambertz ein, in der Traditionsfirma seiner Familie. Die Gesellschafter waren zerstritten, die Marke war nur noch im Fachhandel präsent, also sollte es der Neffe mal versuchen. "Irgendwann stirbt die letzte Frau Kommerzienrat, dann seid ihr tot", prophezeite ihm ein Lieferant.

Es kam anders, der junge Mann gab keine Ruhe. Er warf immer neue Produkte auf den Markt, kaufte Firmen dazu, arbeitete an der Basis. Der einstige Hoflieferant Lambertz präsentierte sich bei Kanzlerfesten, wo sich Helmut Kohl am Printen-Stand fotografieren ließ, "der isst ja auch so gerne, der hat das genossen". Hans-Dietrich Genscher wurde damals ebenfalls ein inoffizieller Lebkuchen-Botschafter der ehrwürdigen Firma, die seit 1688 besteht.

Sogar im Weißen Haus in Washington wusste man die Mitbringsel aus Aachen zu schätzen. Den Dankesbrief von Nancy und Ronald Reagan zeigt Bühlbecker gerne unaufgefordert vor. Dass der umtriebige Fabrikant sogar die Staats- und Regierungschefs beim G-8-Gipfel im vorigen Jahr mit Marzipanherzen und Mandel-Nuss-Konfekt erfreuen durfte, liegt an seiner Überredungskunst.

Außenminister Frank-Walter Steinmeier ließ den Schoko-Diplomaten, der gratis lieferte, gerne gewähren. Für Lambertz war es der perfekte PR-Coup. Wenn die Promis seine Süßigkeiten knabbern, ist das aus Marketingsicht zehn Mal mehr wert als eine Kampagne von irgendwelchen "Werbefuzzis", wie Bühlbecker sagt. "Sogar Angelina Jolie steht auf unser gesundes Vitalgebäck", bei solchen Standardsätzen macht er ein genießerisches Gesicht.

"Dear Hermann", schreibt Bill

Seine guten Kontakte kommen ihn teuer zu stehen. Im September durfte er beim Treffen der "Clinton Global Initiative" neben den Reichen und Mächtigen in New York Platz nehmen. Bill Clinton selbst hatte vor drei Jahren eine ultimative Aufforderung geschickt: "Dear Hermann", begann das Schreiben, das den Adressaten leicht verblüffte - so gut glaubte er den 42. Präsidenten der USA gar nicht zu kennen.

Aber sei's drum, der liebe Hermann konnte nicht widerstehen: Er wurde einer der wenigen Deutschen in Clintons prominent besetztem Sponsoren-Netzwerk, in dem es darum geht, möglichst viel Geld zu sammeln für die Ärmsten dieser Welt. Wenn Warren Buffett, Richard Branson, Kofi Annan und Brad Pitt dabei sind, reiht sich Bühlbecker gerne ein.

Wird man von den Kollegen aus dem Mittelstand noch ernst genommen, wenn man pausenlos zwischen St. Tropez und der "Bambi"-Gesellschaft pendelt? "Man muss schon etwas geleistet haben", sagt Bühlbecker und zeigt stolz auf den "Goldenen Zuckerhut" der Lebensmittelbranche, die Trophäe steht hinter ihm in der Ecke. "Ich habe auch erkannt, dass man nicht immer nur konform sein muss."

Deshalb gönnt er sich einmal im Jahr eine rauschende Schokoladenparty und findet nichts dabei, immer wieder ein neues Supermodel als Garnierung aufzubieten: "Nichts ist langweiliger als lauter Männer mit Krawatten." Wenn man sich etwas leisten könne, solle man spendabel sein, "jeder so gut er kann". Der Lambertz-Mann gibt nicht nur Geld, er bildet gerade auch fünf junge Leute aus Afghanistan in seiner Fabrik aus. Das wirkt sympathisch in einer Zeit, in der gesichtslose Finanzjongleure eine Krise verursacht haben, für die letztlich alle bezahlen müssen.

Hermann Bühlbecker, der Unangepasste, handelt mit ehrlichem Naschwerk. So was geht immer, besonders in wirtschaftlich schwierigen Zeiten haben die Menschen Lust auf Süßes. Und auf Süßliches.

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