Postkarte von Adolf Hitler aufgetaucht:Zahnschmerzen und Rechtschreibschwäche

In München taucht eine bislang unbekannte Karte von Adolf Hitler aus dem Jahre 1916 auf. Aus dem vergilbten Papier wird deutlich: Der spätere Diktator hatte schon als junger Mann schlechte Zähne, eine Vorliebe für Nürnberg - und Probleme mit der deutschen Rechtschreibung.

Oliver Das Gupta

Unbemerkt von der breiten Öffentlichkeit wurde vor wenigen Tagen ein altes Stück Papier von besonderem Wert versteigert. Das Münchner Aktionshaus Deider bot eine vergilbte Feldpostkarte an, der Stempel trägt das Datum 19. Dezember 1916.

Postkarte Adolf Hitler 1916

"Soffort freiwillig ins Feld": Karte von Adolf Hitler vom Dezember 1916.

(Foto: Europeana)

Außergewöhnlich macht die Karte der Absender: Der Gefreite Adolf Hitler, der 17 Jahre später die Macht im Reich an sich reißen und die Welt in ein nie gekanntes Blutbad stürzen sollte.

Auf diese schreckliche Zukunft deutete die Karte damals noch nicht hin. Hitler schreibt seinem Regimentskameraden Karl Lanzhammer. Im Dezember 1916, als der Österreicher Hitler diese Postkarte verfasste, war er gerade aus dem Lazarett entlassen worden - an der Westfront hatte ihn ein Granatsplitter verletzt. Nun war er vorerst beim Ersatzbataillon in München stationiert, was er dem "lieben Lanzhammer" mitteilte. Und dass er sich aber so bald wie möglich wieder freiwillig ins Feld melden würde.

Einige Punkte an dem kurzen Text sind bemerkenswert: Die wenigen und schlichten Zeilen offenbaren, dass Hitler eine Rechtschreibschwäche hatte. Er schrieb "sofort" mit "ff". Kein Wunder, dass Hitler später sein Pamphlet "Mein Kampf" lieber diktierte.

Außerdem schreibt Hitler, er stehe unter "zahnärztlicher Behandlung". Er, der allzu gerne süß aß und Kakao trank, hatte in seiner Zeit als Diktator weiterhin Zahnprobleme, sein Gebiss soll einige Kronen aufgewiesen haben.

Der spätere Schreihals und Kriegstreiber schließt die Nachricht an seinen Kameraden äußerst freundlich: "Hrzl. Grüße Adolf Hitler".

Im Besitz des Kreissparkassenleiters von Dingolfing

Stolz präsentiert das bislang unbekannte Dokument das Projekt Europeana, eine virtuelle Bibliothek, die das kulturelle Erbe des Kontinents der breiten Öffentlichkeit zugänglich machen soll.

AAdolf Hitler als Redner auf dem Reichsparteitag 1937

Adolf Hitler als Redner auf dem Reichsparteitag 1937.

(Foto: Scherl / SZ Photo)

2014 jährt sich der Ausbruch des Ersten Weltkrieges zum hundertsten Mal, deshalb veranstaltet die Europeana nun Aktionstage, um Zeitzeugen und deren Nachkommen zu motivieren, Erinnerungen zu schildern und Erinnerungsstücke zu zeigen. Beim Aktionstag in München, in der Bayerischen Staatsbibliothek, kam auch die Hitler-Postkarte zum Vorschein.

Auf der Rückseite ist Gemäuer zu sehen: ein Teil der Nürnberger Burg. Nürnberg sollte eine zentrale Rolle im Nationalsozialismus spielen. Hier fanden mit großem Pomp die Reichsparteitage statt, hier wurden die schändlichen Rassegesetze zelebriert, die zur juristischen Grundlage der Entrechtung, Verfolgung und schließlich zum millionenfachen Mord jüdischer Menschen führten.

1916 gefiel Nürnberg dem 27 Jahre alten Hitler schon aus einem anderen Grund: Es ist der Schauplatz von Richard Wagners "Meistersingern" - einer von Hitlers Lieblingsopern.

Der Empfänger starb schon 1918

Hitlers Weg verlief nach dem Abfassen der Karte zunächst so wie bei Tausenden Soldaten: Er kehrte im März 1917 wieder zu seinem 16. Reserve Infanterie Regiment als Meldegänger zurück. Nach dem Kriegsende ging der Habenichts nach München und engagierte sich in der gerade gegründeten Deutschen Arbeiter Partei (DAP).

1920 übernahm Hitler die Kleinstpartei und modelte sie um: Aus dem Gefreiten wurde der "Führer", aus der DAP die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei und das Hakenkreuz zu ihrem Symbol.

Aber wie blieb die Karte der Nachwelt erhalten? Karl Lanzhammer ging 1917 zur Fliegerschule nach Schleißheim und starb am 15. März 1918 bei einem Trainingsflug in Feldmoching. Er stammte aus dem niederbayerischen Dingolfing und wurde auch dort bestattet. Wahrscheinlich sei die Postkarte aus seinem Nachlass in den Besitz des dortigen Kreissparkassenleiters gekommen, der sie dann verschenkte, heißt es bei Europeana.

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