Die olympischen Ringe sind bunt: blau, gelb, schwarz, grün, rot - eine Farbe für jeden Kontinent. Doch zeichnet man die Ringe in den Puderzucker eines Krapfens, sieht man farblose, ineinander verschlungene Kreise. Es braucht dann nicht mehr viel Phantasie, um statt des olympischen Logos darin Handschellen zu erkennen. Und damit wären wir auch schon in Berlin.
Eine vermeintlich harmlose Werbeaktion für die Olympiabewerbung Berlins geriet am Rosenmontag zu einem bizarren Schauspiel. In einer Markthalle im Stadtteil Kreuzberg verschenkte Justizsenator Thomas Heilmann (CDU) Krapfen, die mit den olympischen Ringen verziert waren. Beschützt wurde die Krapfenverteilung von 30 Polizisten. Der Grund: Linke Gruppierungen und Olympia-Gegner hatten im Vorfeld Proteste angekündigt. Gekommen sind am Montag zehn bis zwölf Demonstranten.
Am 21. März entscheidet der Deutsche Olympische Sportbund, ob er Berlin oder Hamburg ins Rennen um die Olympischen Spiele 2024 schicken wird. Doch der Ärger der Demonstranten richtete sich nicht nur gegen die Olympia-Bewerbung Berlins. Sie empörten sich vor allem darüber, dass die 300 Krapfen (in Berlin: Pfannkuchen) von Insassen der JVA Tegel gebacken worden waren.
Die Demonstranten sprechen von Ausbeutung
"Ich finde es wirklich makaber und widerlich", zitiert der Tagesspiegel eine der Demonstrantinnen, "dass diese Berliner für weniger als zwei Euro Stundenlohn von Häftlingen der Justizvollzugsanstalt produziert werden, um hier für die Werbeaktion verschenkt zu werden." Andere sprachen von "Zwangsarbeit".
Heilmann, so berichtet der Tagesspiegel weiter, verbinde mit den olympischen Spielen in erster Linie eine Botschaft der Völkerständigung. "Olympia muss kein Milliardenabenteuer sein", zitiert ihn das Blatt. Die Demonstranten dagegen kritisierten die kommerzielle Ausrichtung der Spiele, die sich schon in der Krapfen-Aktion zeige. "Berlin hat kein Geld für Schulen, aber für diese Werbekampagne wird unsinnig viel ausgegeben", sagte eine Aktivistin dem Tagesspiegel zufolge.
Berliner Olympia-Bewerbung:Berliner Senat will Olympia-Satire verbieten
Blonde Kinder, kantige Sportler und über dem Stadion die Hakenkreuz-Fahne: Ein Blog hat das Logo der Berliner Olympia-Bewerbung auf nationalsozialistische Propaganda-Plakate von 1936 montiert. Der Berliner Senat geht rechtlich dagegen vor.
Senatssprecherin hält nichts von einem Mindestlohn für Häftlinge
Claudia Engfeld, die Sprecherin der Berliner Justizverwaltung, verteidigte die Aktion auf Anfrage von SZ.de. Die Häftlinge würden in der Lehrbäckerei der JVA Tegel ausgebildet und verdienten je nach Qualifikation zwischen acht und 15 Euro am Tag. Einen Mindestlohn für Häftlinge, wie von den Demonstranten gefordert, hält Engfeld für falsch.
"Die Beschäftigung im Gefängnis ist Teil der Resozialisierung und hat mit dem Arbeitsmarkt außerhalb des Gefängnisses nichts zu tun", sagte sie. Der Strafvollzug werde ohnehin "umfänglich vom Steuerzahler finanziert". Ein Häftling koste den Staat zwischen 110 und 130 Euro am Tag.
Heilmann habe am Montag den "Dialog mit den Demonstranten gesucht", sagte Engfeld. Doch diese hätten sich dem Gespräch verweigert, die Diskussion mit Zwischenrufen wie "Olympia nach Katar!" gestört und die "normalen Bürger" abgeschreckt. Ende Januar hatte Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller "olympische Wochen" ausgerufen, um die vielen Skeptiker in der Hauptstadt von einer Olympia-Bewerbung zu überzeugen. Heilmanns Krapfen-Aktion sollte Teil dieser Kampagne sein.
Mit einem Anruf durch den DOSB wegen der unautorisierten Benutzung olympischer Symbole rechnet Senatssprecherin Engfeld nicht. Die Ringe sind zwar ebenso wie der Name Olympia geschützt. Doch die Krapfen mit Olympia-Logo seien ja verschenkt worden, die Aktion sei "nicht kommerziell" gewesen. Außerdem seien die Krapfen alle "sofort wieder vernichtet worden". Sprich: gegessen.