Posse um Berliner Imbissbude "Konnopke's":Vorsicht, heiß und fetzig

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Es geht um die Wurst: In der Betreiber-Familie von Berlins bekanntester Imbissbude tobt ein bizarrer Streit. Waltraud Ziervogel und ihr Sohn Mario waren bei "Konnopke's" ein Team - bis der Junior seinen eigenen Laden eröffnete.

Christoph Giesen, Berlin

"Kramer gegen Kramer" heißt ein Hollywoodfilm aus den späten Siebzigern. Werbekaufmann Ted Kramer, gespielt von Dustin Hoffman, liefert sich darin einen erbitterten Sorgerechtsstreit mit seiner Frau. In Berlin kommt es dieser Tage nun zur Neuauflage: Ziervogel gegen Ziervogel. Doch statt um den fünfjährigen Billy wie die Kramers streiten sich Waltraud Ziervogel und ihr Sohn Mario um die Wurst.

Eine der besten Currywürste der Hauptstadt: In nahezu jedem Berlin-Reiseführer wird Besuchern ein Abstecher zu "Konnopke's Imbiss" angeraten. (Foto: Getty Images)

Waltraud Ziervogel,76, ist die Besitzerin von Konnopke's Imbiss. In nahezu jedem Berlin-Reiseführer steht, dass man bei ihr an der U-Bahnstation Eberswalder Straße eine der besten Currywürste der Stadt bekommt, die Schlange vor dem Imbiss ist deshalb immer einige Meter lang. Selbst Liza Minnelli und Alt-Kanzler Gerhard Schröder haben dort schon die angeblich leckerste Wurst der Stadt probiert.

Jahrelang rührte Waltraud Ziervogels Sohn Mario, 48, den Ketchup für die Würste an. Er streute Curry und so manche geheime Zutat in die Soße. Vor einem Jahr hörte er bei Konnopke's auf.

Der Anlass des Wurstzwists findet sich im Web

Seit vergangener Woche rührt Mario wieder Ketchup an. Diesmal allerdings für seinen eigenen Imbiss. "Ziervogel's Kult Curry" hat er den genannt - stilecht mit falschem Apostroph. Der neue Imbiss liegt keine 500 Meter von Mutter Waltrauds Stand entfernt in der Schönhauser Allee. Auf die Rollläden an der Tür hat sich Mario Ziervogel von einem Graffiti-Künstler Erich Honecker und Albert Einstein mit Currypikser im Mund sprühen lassen.

Seit Tagen pendeln nun Kamerateams und Reporter zwischen den beiden Imbissen hin und her und befragen beide Ziervögel, wieso man sich eigentlich streitet.

Der Anlass des Wurstzwists ist eine Behauptung auf Mario Ziervogels Webseite. Wenige Tage vor der Eröffnung seines Ladens hatte er mit dem Slogan geworben, dass es bei "Ziervogel's Kult Curry" schon seit 1960 Currywurst gebe. Die Anwälte von Mutter Waltraud beantragten daraufhin beim Landgericht Berlin eine einstweilige Verfügung. Schließlich sei Mario Ziervogel erst 1964 geboren und könne unmöglich schon 1960 seine ersten Currywürste gebraten und mit Spezialsoße nach Familienrezept übergossen haben. Die Richter gaben Waltrauds einstweiliger Verfügung wegen "unzulässiger Alterswerbung" statt.

Es war Mario Ziervogels Opa, Max Konnopke, der von 1960 an in seiner Bude an der Eberswalder Straße die erste Currywurst der DDR verkaufte. 1930 war er aus Cottbus nach Berlin gezogen. In den Anfangsjahren verkaufte er seine Würste noch im Bauchladen. Nach dem Zweiten Weltkrieg dann in einem Wurstwagen und ab 1960 schließlich in der Bude am Prenzlauer Berg. 1972 ging der alte Wurstmaxe in Rente und Tochter Waltraud übernahm den Imbiss. Auf seiner Webseite erinnert der Enkel nun an diese Tradition: "Mario und Viola Ziervogel sehen sich der langen geschmackvollen Familientradition gegenüber verpflichtet", heißt es dort.

Himmel und Hölle

Abgesehen vom Honecker-Graffito an der Tür unterscheidet die beiden Imbissbuden kaum etwas. Bei "Ziervogel's Kult Curry" kostet die Curry-ohne-Darm 1,80 Euro. Mutter Waltraud verlangt zehn Cent weniger. Beide Imbisse beziehen ihre Würste bei einem Metzger in der Prenzlauer Allee. Die Soßen bei Konnopke's und dem neuen Imbiss schmecken auch nahezu identisch, schließlich mischt Mario mit.

Der Unterschied liegt allenfalls im Detail. Wer mag, kann sich bei "Ziervogel's Kult Curry" außer der Original-Currymischung noch vier weitere Soßen über die Wurst schütten lassen. Angeblich 800.000 Scoville soll Mario Ziervogels schärfste Soße haben.

Die Scoville-Skala ist ein Versuch, Schärfegrade zu messen. Die Zahl gibt an, wie viele Milliliter Wasser man sich über die Zunge rinnen lassen muss, damit die Schärfe weg geht. Cayenne-Pfeffer hat laut Skala 30.000 bis 50.000 Scoville. Ein Spritzer Pfefferspray auf die Zunge hat zwei Millionen Scoville. Irgendwo dazwischen changiert Mario Ziervogels neueste Kreation.

Er nennt sie "höllisch". Mamas Originalsoße heißt "himmlisch".

© SZ vom 18.07.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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