Besondere Schwere der Schuld:Lebenslange Haft für Polizistenmörder von Kusel

Das Landgericht Kaiserslautern sieht es als erwiesen an, dass Andreas S. mit der Tat illegale Wilderei vertuschen wollte. Der Mitangeklagte Florian V. geht straffrei aus.

Am frühen Morgen des 31. Januar fällt zwei Polizisten auf der Kreisstraße 22 im rheinland-pfälzischen Landkreis Kusel ein Kastenwagen auf. Sie wollen ihn kontrollieren. Das letzte Lebenszeichen ist von ihnen zu hören, als der 29-jährige Oberkommissar um 4.21 Uhr um Hilfe funkt: "Kommt schnell! Die schieße', die schieße'!" Wenige Minuten später sind der Oberkommissar und seine 24-jährige Kollegin, eine Polizeikommissaranwärterin, tot. Die Kugeln haben sie in den Kopf getroffen.

Wegen zweifachen Mordes hat das Landgericht Kaiserslautern jetzt den 39 Jahre alten Hauptangeklagten Andreas S. zu einer lebenslangen Gefängnisstrafe verurteilt. Das Gericht stellte außerdem die besondere Schwere der Schuld fest. Damit ist eine Haftentlassung nach 15 Jahren ausgeschlossen. Mit dem Urteil folgte das Gericht dem Antrag der Staatsanwaltschaft, es ist noch nicht rechtskräftig.

Andreas S. muss lebenslänglich ins Gefängnis

Andreas S. (rechts) muss nun wegen des zweifachen Mordes lebenslänglich ins Gefängnis.

(Foto: Uwe Anspach/dpa)

Den Mitangeklagten Florian V. sprach das Landgericht zwar wegen der Mittäterschaft der gewerbsmäßigen Jagdwilderei und wegen Strafvereitelung schuldig, er bleibt aber straffrei. Der 33-Jährige, gegen den zunächst ebenfalls wegen Mordes ermittelt wurde, galt später als wichtigster Zeuge der Anklage. Weil Florian V. bereits vor Prozessbeginn umfassend ausgesagt und damit zur Aufklärung des Verbrechens beigetragen habe, sah das Gericht von einer Strafe für ihn ab. Er soll sich an der Beseitigung der Spuren beteiligt, aber nicht geschossen haben. Man glaubte ihm, dass er nichts mit den Schüssen zu tun hatte. Die beiden Männer waren kurz nach der Tat im angrenzenden Saarland festgenommen worden.

Zehn Monate ist der Mord an den Polizisten her, für den Andreas S. sich vor dem Landgericht Kaiserslautern verantworten musste. Die Tat, so hatte Oberstaatsanwalt Stefan Orthen in seinem Plädoyer deutlich gemacht, habe "Hinrichtungscharakter" gehabt. Andreas S. habe die Polizisten getötet, um Jagdwilderei zu verdecken. Zudem sei das Mordmerkmal der Habgier erfüllt: Der Mann habe gefürchtet, das erlegte Wild nicht mehr verkaufen zu können. Im Kastenwagen am Tatort sollen 22 frisch geschossene Rehe und Hirsche gelegen haben. Die Staatsanwaltschaft hatte gefordert, wegen der "besonderen Verwerflichkeit" der Tat eine besondere Schwere der Schuld feststellen zu lassen. Die Verteidigung hingegen beurteilte die Tat als "maximal Körperverletzung mit Todesfolge" - und das auch nur in einem Fall.

Andreas S. hatte in dem Prozess ausgesagt, den 29 Jahre alten Polizeikommissar in einer Art Notwehrlage getötet zu haben. Sein damaliger Komplize habe aber die 24 Jahre alte Polizeianwärterin erschossen. Florian V. hatte das stets zurückgewiesen. Die Tat hatte bundesweit für Entsetzen gesorgt.

Faeser: "Diejenigen, die uns schützen, verdienen selbst unseren Schutz und unseren Respekt."

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) erklärte nach der Urteilsverkündung, sie sei "bis heute entsetzt darüber, dass eine vermeintliche Routinekontrolle zu einer tödlichen Falle werden kann." Die Tat zeige, wie gefährlich der Dienst der Polizeibeamten sein könne: "Diejenigen, die uns schützen, verdienen selbst unseren Schutz und unseren Respekt."

Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer und Innenminister Michael Ebling ( beide SPD) dankten in einer gemeinsamen Presseerklärung der Bevölkerung für die große Anteilnahme. Die rheinland-pfälzische Polizei hätten über 20 000 Zuschriften erreicht: "Diese enorme Anteilnahme aus der Bevölkerung spendete in dieser schweren Zeit großen Trost."

Der Kaiserslauterer Polizeipräsident Michael Denne machte deutlich, dass die beiden getöteten Kollegen noch immer fehlen würden: "Wir sind in Gedanken bei ihnen und den Hinterbliebenen." Der Direktor der Hochschule der Polizei Rheinland-Pfalz, Uwe Lederer, sagte: "Die schreckliche Tat hat uns tief getroffen." Die beiden Polizisten würden "in unser aller Erinnerung bleiben". Man werde der beiden sowie weiterer 45 Kollegen an einer am Campus Hahn errichteten Gedenkstätte für im Dienst getötete Kolleginnen und Kollegen gedenken.

Die Landesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP) in Rheinland-Pfalz, Sabrina Kunz, hatte vor der Urteilsverkündung auf "eine konsequente rechtsstaatliche Entscheidung" gehofft. Man trauere um zwei junge Menschen, die in Ausübung ihres Dienstes ihr Leben lassen mussten. Der Jahrestag der Tat in zwei Monaten werde Wunden wieder aufreißen. "Wir werden das, was passiert ist, niemals vergessen", sagte Kunz.

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