Mutmaßlicher Polizistenmord:Schrotflinte, Armbrust, Repetiergewehr

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An der Kreisstraße 22 in Rheinland-Pfalz erinnern Kerzen und Blumen an die getöteten Polizisten. (Foto: Harald Tittel/dpa)

Nach dem mutmaßlichen Mord an zwei Polizisten in Kusel haben die Ermittler die Wohnungen der beiden Tatverdächtigen durchsucht und gleich mehrere Waffen gefunden. Nur: Wem gehören sie?

Von Gianna Niewel, Frankfurt

Im Fall der getöteten Polizeianwärterin und des getöteten Polizisten in Kusel haben die Ermittler insgesamt 19 Waffen beschlagnahmt. In der Wohnung, in der die beiden Tatverdächtigen festgenommen wurden, fanden sie eine doppelläufige Schrotflinte und ein Jagdgewehr. In einer weiteren Wohnung, in der der Tatverdächtige Andreas S. zuletzt gelebt hat, stellten sie fünf Kurzwaffen, zehn Langwaffen, eine Armbrust und ein Repetiergewehr sicher. Das teilte die Staatsanwaltschaft Kaiserslautern mit.

Seit mehr als einer Woche ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen die beiden Männer. Sie sollen bei einer Verkehrskontrolle am Montag der vergangenen Woche die Polizeianwärterin und den Polizisten erschossen haben, um ihre Wilderei zu verdecken. Andreas S. und sein 32 Jahre alter Bekannter sitzen in Untersuchungshaft, der Verdacht: gemeinschaftlicher Mord.

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Andreas S. war den Gerichten nicht unbekannt. Aber welche Rolle spielte Florian V. im Fall der getöteten Polizisten von Kusel? Sein Anwalt hat die Aufhebung des Haftbefehls beantragt.

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Kurz nach der Tat hatte der jüngere der beiden Männer den Verlauf der Polizeikontrolle geschildert, er bestreitet allerdings, auf die Beamten geschossen zu haben. Sein Rechtsanwalt sagt, sein Mandant habe "nicht an der Vermarktung der Wildtierbeute partizipiert". Er habe lediglich die toten Tiere zum Auto getragen.

Wild verbotenerweise mit Backwaren angelockt

Der zweite Tatverdächtige, Andreas S., war zuletzt immer wieder aufgefallen, auch bei der Oberen Jagdbehörde im Saarland. Bis 2020 hatte er im Staatswald drei Pirschbezirke, die ihm jedoch gekündigt wurden. Die ersten beiden im Juni 2019, weil dort das Wild nicht mit Früchten und Getreide angelockt worden sei, sondern mit Backwaren. Im März 2020 wurde ihm dann auch der dritte Pirschbezirk gekündigt. Das teilte das saarländische Umweltministerium mit.

Ebenfalls im Saarland führte S. einen Wildverarbeitungsbetrieb, der aber nur bis 2019 zugelassen war. Seither habe er offenbar eine registrierte Wildkammer eines anderen Jägers genutzt, um Rehe und Wildschweine zu verarbeiten. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur recherchieren Behörden derzeit die Vertriebswege des Wildhandels.

Und noch etwas ermitteln sie mit Hochdruck: Wem die Waffen gehören. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft Kaiserslautern hatte der 38-Jährige zum Zeitpunkt der Tat weder eine Erlaubnis zum Besitz von Waffen, noch einen gültigen Jagdschein.

Warum es zwölf Minuten dauerte, bis Hilfe kam

Im Innenausschuss des rheinland-pfälzischen Landtags erklärte der Polizeiinspekteur des Landes derweil, warum es in der Tatnacht nach dem Notruf zwölf Minuten dauerte, bis andere Streifen zu Hilfe kamen, obwohl in der Gegend zwei weitere Polizeifahrzeuge unterwegs waren. Schmitt sagte, wenn bekannt sei, dass geschossen werde, seien die Streifenpolizisten angehalten, zunächst zu stoppen und Schutzausrüstung anzulegen. Dazu gehörten schwere Schutzhelme und Westen sowie eine Maschinenpistole. "Das führt zu einer gewissen Zeitverzögerung." Die Polizisten hatten um 4.20 Uhr an einer Kreisstraße bei Kusel ein Fahrzeug kontrolliert und über Funk von "dubiosen Personen" berichtet, die zahlreiche tote Wildtiere dabeihätten. Sie forderten Verstärkung an und riefen schließlich um Hilfe mit den Worten "Komm schnell, die schießen, die schießen". Als die herbeigerufenen Kollegen den Tatort erreichten, waren der Polizist und die Polizeianwärterin Inspekteur Schmitt zufolge bereits tot.

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