Polizist Darren Wilson:"Ich mochte die schwarze Community"

Ferguson cop who killed black teen speaks out: report

Darren Wilson hat mit dem "New Yorker" über sein heutiges Leben gesprochen. (Archivfoto vom 24.11.2014)

(Foto: AFP)
  • Der 18-jährige Afroamerikaner Michael Brown wird im August 2014 von dem US-Polizisten Darren Wilson erschossen.
  • Die Ermittlungen gegen Wilson werden eingestellt, er quittierte den Dienst, heute lebt er in einem Vorort von Ferguson.
  • Mit dem Magazin The New Yorker hat Wilson über seine Zeit als Polizist in einer afroamerikanischen Gemeinde, das Verhältnis zwischen Polizei und Bevölkerung und den getöteten Teenager gesprochen.

An diesem Sonntag jährt sich der Tod des Afroamerikaners Michael Brown. Der 18-Jährige war in seiner Heimatstadt Ferguson durch Polizeikugeln getötet worden. Sein Tod hatte in der Stadt im US-Bundesstaat Missouri über Monate hinweg heftige Krawalle ausgelöst - und eine landesweite Debatte über Polizeigewalt gegen Schwarze angetrieben. Es folgte eine Überprüfung durch Justizminister Eric Holder, der Fergusons Polizeiapparat institutionalisierten Rassismus diagnostizierte.

Jetzt hat der Polizist, der Brown am 9. August 2014 erschoss, ein Interview gegeben. Im New Yorker berichtet Darren Wilson über seine Arbeit im North County von St. Louis, über das Verhältnis zwischen Polizei und Bevölkerung - und über seine Schwierigkeiten, einen neuen Job zu finden.

So lebt Darren Wilson heute

Der heute 29-Jährige quittierte seinen Dienst in Ferguson wenige Tage nachdem eine Jury sich gegen eine Strafverfolgung entschieden hatte - und nachdem heftige Krawalle ausgebrochen waren. Mit seiner Freundin lebt er noch immer in einem Vorort der Stadt. Wo genau, soll nicht bekannt werden. Er gehe selten nach draußen, heißt es in dem Artikel. Wenn, dann suche er sich Läden und Restaurants heraus, die hauptsächlich von "Gleichgesinnten" besucht werden.

Darren Wilson hat die Schüsse auf Michael Brown immer als Notwehr bezeichnet. Untersuchungen und Zeugenaussagen haben ergeben, dass seine Version der Geschichte größtenteils zutrifft. Demnach hatte Brown versucht, ihm die Waffe zu entreißen, worauf Wilson dem Jungen in die Hand schoss. Der Teenager lief zunächst weg, um dann wieder auf den Polizisten zuzukommen. Als Brown auch nach mehreren Warnungen weiter auf ihn zulief, habe er geschossen, sagte Wilson. Viele in Ferguson sehen trotzdem Schuld bei Wilson. Ihnen zufolge hätte der Polizist den unbewaffneten Jugendlichen nicht töten müssen.

"Ich kannte ihn nur jene 45 Sekunden"

Mit dem New Yorker spricht Wilson von den Anfängen seiner Polizeiarbeit im Jahr 2009. Er berichtet über von dem "Kulturschock", den er erlebte, als er seinen ersten Polizeijob in Fergusons Nachbarstadt Jennings antrat. Er habe dort aus Karrieregründen arbeiten wollen - wenn man es in dem armen, afroamerikanisch geprägten Ort als Polizist schaffe, könne man danach überall arbeiten, so das Kalkül. Doch gerade am Anfang habe er sich schwergetan mit den Menschen in der Gegend. Wilson suchte sich deshalb einen Mentor. Einen weißen Polizisten, der in der Gegend aufgewachsen war und der von den Einwohnern - im Gegensatz zu ihm selbst - respektiert wurde.

Nach zwei Jahren wechselte er zu einer Dienststelle in Ferguson in eine ähnlich schwierige Nachbarschaft. Er habe sich wieder eine Gegend mit hauptsächlich schwarzer Bevölkerung ausgesucht, sagt er. "Ich mochte die schwarze Community. Ich hatte Spaß dort, es gibt viele Leute, die einen zum Lachen bringen."

Sein anfänglicher Kulturschock habe sich auch nie darauf bezogen, dass er sich als Weißer allein unter Schwarzen fühlte. Er habe lediglich gedacht "hier bin ich nicht aufgewachsen". Die Abneigung der Leute habe er als Abneigung gegen die Polizei erlebt, nicht gegen die "weiße Polizei". Und so sieht Wilson bei der US-Polizei auch kein Rassismus-Problem, sondern ein Autoritäts-Problem: Manche würden Polizisten als zu mächtig, andere als ohnmächtig betrachten - deshalb komme es immer wieder zu Spannungen.

Gang-Kultur als großes Problem von Ferguson

In Ferguson beschreibt der 29-Jährige vor allem die Faulheit der Bürger als Problem, die sich keine Jobs suchen würden. Es gebe in dem Bezirk tatsächlich wenig Arbeit - aber die Leute würden gar nicht erst die Initiative ergreifen, sagt Wilson. Außerdem werde Kindern in vielen Familien kein Respekt beigebracht. Wilson bezeichnet das als kulturbezogenes Problem, es herrsche vielerorts eine Art Vorstufe zur Gang-Kultur.

Über das Zusammentreffen mit Michael Brown und die tödlichen Schüsse spricht Wilson kaum mit dem Reporter des New Yorker. Browns Eltern hätten ihn zivilrechtlich angeklagt. Deshalb habe er mit der Geschichte noch immer nicht abgeschlossen. Über den jungen Mann persönlich denkt er jedoch nicht nach. "Ich kannte ihn nur in jenen 45 Sekunden, in denen er versuchte, mich zu töten, also keine Ahnung", antwortet er auf die Frage, ob er Brown im Nachhinein als "bösen Jungen" einschätzen würde.

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