Vor langer, langer Zeit galt die Kavallerie mal als kriegsentscheidend. Ein gut bewaffnetes Heer von sehr vielen Soldaten auf sehr großen Pferden. Aber spätestens seit dem Ersten Weltkrieg war selbst den traditionsbewusstesten Heerführern klar, dass die Kavallerie keine Zukunft hat. Es gab ja jetzt Panzer.
Nun aber will einer wieder prächtige Rösser in den Dienst des Staates stellen. Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder hat den Aufbau einer "bayerischen Kavallerie" ankündigt. Jede bayerische Großstadt mit mehr als 100 000 Einwohnern soll eine Reiterstaffel bekommen, acht Städte sind das. Insgesamt werden künftig demnach 200 Polizeipferde und Reiter patrouillieren. Das sei "keine Nostalgie", sagte Söder bei der Vorstellung im Landtag, während die Abgeordneten der Opposition nicht wussten, ob sie jetzt wiehern sollten.
Die Tiere würden helfen, die Polizeipräsenz im öffentlichen Raum zu verstärken, sagt Söder. Was ein Pferd einem Fahr- oder Motorrad voraushat, demonstrierte er im Juni eindrucksvoll bei einem Pressetermin. Der Ministerpräsident besuchte die Münchner Reiterstaffel, eine der ersten im Freistaat. Eine tolle Szene: Sechs berittene Beamte ritten auf großen Bayerischen Warmblütern, einer besonders ruhigen Rasse, auf den knapp zwei Meter großen Ministerpräsidenten zu. Bis Söder beiseite sprang. "Ein Polizist auf einem Pferd macht mehr Eindruck als einer auf dem BMX-Radl", sagte der Regierungschef selbstzufrieden.

Aber auch wenn der Chef der Münchner Reiterstaffel unermüdlich betont, dass Pferde die Polizei viel nahbarer erscheinen lassen, kann man über den Nutzen streiten. Allein die lange Ausbildung der Beamten, die sich dann in den Sattel schwingen, und die aufwendige Haltung der Pferde kosten in Summe mehr als jede Imagekampagne. Rösser im Münchner Polizeidienst müssen übrigens besonders viel aushalten - zum Beispiel den ohrenbetäubenden Lärm beim Oktoberfest.
Söder ist Pferdefan, das ist nun klar. Und damit räumt endlich mal einer auf damit, dass das Mädchensache sei. Psychologen begründeten die Überpräsenz von Mädchen auf den Ponyhöfen des Landes früher ja gerne damit, dass sie dort für ihre spätere Mutterrolle üben wollten. Söder aber will nicht üben. Wer ihn bei der Polizeipferdeübung im Juni gesehen hat, weiß: Seine Faszination speist sich aus dem schauerschönen Gefühl der Erhabenheit, das den Menschen überkommt, wenn er Zeuge großer Naturgewalten wird. Dabei könnte Söder von den Polizeipferden noch einiges lernen: Die müssen auch dann ruhig bleiben, wenn sie vor Kraft kaum laufen können - Zügellosigkeit, hastiges Galoppieren und zu eiliges Vorpreschen können direkt ins Verderben führen, sogar bei traditionsbewussten Wählern.
Im Grunde ist es ein großes Missverständnis, wenn man aus der berittenen Polizei eine Art Kavallerie machen möchte. Polizisten und Polizistinnen, die sich den Luxus leisten dürfen, hoch zu Ross nach dem Rechten zu sehen, stehen für Zivilität, für Bürgernähe und friedliches Zusammenleben. Kavalleristen gehören in die Mottenkiste der Militärgeschichte. Polizeipferde sind keine Waffe, sie zeigen das freundliche Gesicht einer Obrigkeit, die sich im Zeitalter der sozialen Medien klickfreundlich und gut gelaunt präsentieren will. Andere machen vor, wie Polizeiwerbung funktioniert: Die Kanadier haben die Royal Canadian Mounted Police, eine pittoreske Reitertruppe mit Protagonisten in roten Paradeuniformen und unter Stetson-Hüten, die für ihre formvollendete Höflichkeit, aber auch für ihre Hartnäckigkeit bekannt sind ("The Mounties always get their man", heißt ihr Motto - die kriegen jeden Verbrecher).
Mehr PS also für bayerische Ordnungshüter? Geht in Ordnung, aber bitte nicht mit zu viel Tschingderassabum. Schließlich gilt für Politiker wie für Polizisten: Sie sollten besser keine Trampel sein.