Polizei:Verdeckte Ermittler in Großbritannien: keine Lizenz zum Beischlaf

Es war ein handfester Polizei-Skandal in Großbritannien: Mehrere Undercover-Fahnder gingen sexuelle Beziehungen mit ihren Zielpersonen ein. Jetzt reagieren die Behörden - mit strengeren Verhaltensregeln.

Bis zu den interessanten Textstellen, bei denen es um Sex geht, muss man ziemlich weit vorblättern. Erst auf Seite 54, in Kapitel 7.12. der Verhaltensregeln für verdeckte Ermittler bei der Polizei in England und Wales steht es dann: "Es ist niemals akzeptabel, dass ein verdeckter Ermittler eine sexuelle Beziehung mit denjenigen Personen eingeht, die er während seiner Arbeit trifft."

Wie bitte? Sex und Polizei?

Ja, offenbar gab es da in jüngster Zeit Probleme bei den britischen Fahndern, namentlich bei jenen, die als verdeckte Ermittler arbeiten - sogenannte "UCO", also undercover operatives. Im vergangenen Jahr musste die britische Polizei mehreren Frauen eine Entschädigung zahlen und sich dafür entschuldigen, dass verdeckte Ermittler eine Beziehung mit ihnen eingegangen waren.

Jetzt haben die Behörden auf den Skandal reagiert und neue Verhaltensregeln erlassen. Das College of Policing, eine im Jahr 2012 geschaffene Organisation zur effektiven Kontrolle und Verbesserung der Polizeiarbeit, hat ein 80-seitiges Papier veröffentlicht. Darin wird die Arbeit der verdeckten Ermittler beschrieben und genau festgelegt, was sie dürfen und was sie nicht dürfen.

Der Entwurf, der zwischen den zuständigen Stellen noch abgestimmt werden muss und spätestens Ende des Jahres in Kraft treten soll, enthält auch Regeln über den Gebrauch von Drogen oder das Begehen von Straftaten während des Einsatzes. Am brisantesten sind allerdings die Passagen zu "sexuellen Beziehungen und sexueller Aktivität", eben jenes Kapitel 7.12.

Sexuelle Kontakte mit einer Zielperson seien in keinem Fall Bestandteil der Taktik und würden niemals vom zuständigen Vorgesetzten der verdeckten Ermittler autorisiert, heißt es dort.

Unweigerlich kommen James-Bond-Fantasien auf

Es gibt allerdings Ausnahmen von dieser strengen Regel: Kommunikation mit sexuellen Inhalten sei unter besonderen Bedingungen zulässig - nämlich dann, wenn sie sich auf ein Minimum beschränke und dadurch eine unmittelbare Bedrohung für den Ermittler selbst oder für eine dritte Person abgewendet werden könne.

Man fragt sich, was die Verfasser des Papiers damit gemeint haben könnten. Telefonsex, um die Zielperson dazu zu bewegen, im Rahmen des Rollenspiels geheime Codewörter zu verraten? Frivole Snapchat-Bilder, die nicht nur Geschlechtsorgane zeigen, sondern im Hintergrund auch den Aufenthaltsort des Verbrechers?

Unweigerlich kommt einem spätestens jetzt James Bond in den Sinn, auch wenn 007 ja kein gewöhnlicher Polizist, sondern Doppelnull-Agent ihrer Majestät ist. Er pflegte seine (weiblichen) Zielpersonen meist dadurch unschädlich zu machen, dass er sie verführte. Eine Einsatztaktik, an der sich offenbar zu viele britische Undercover-Einheiten ein Beispiel genommen haben.

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