Polizei - Darmstadt:Abschiebehaft dauert durchschnittlich rund drei Wochen

Direkt aus dem dpa-Newskanal

Wiesbaden (dpa/lhe) - Im Abschiebegefängnis Darmstadt-Eberstadt sind Ausreisepflichtige durchschnittlich 24 Tage inhaftiert. Das geht aus der Antwort des hessischen Innenministeriums auf eine parlamentarische Anfrage der Linksfraktion im Landtag hervor. Die spezielle Einrichtung für Abschiebehäftlinge hatte im März 2018 ihren Betrieb aufgenommen. Es gibt 20 Plätze für erwachsene Männer, die Deutschland verlassen müssen und womöglich untertauchen. Auf Antrag der Ausländerbehörde kann ein Gericht Abschiebehaft anordnen.

Die höchste Haftdauer in Darmstadt-Eberstadt betrug 145 Tage, die kürzeste Zeitspanne einen Tag, wie das Ministerium in Wiesbaden mitteilte. Stichtag der Auswertung ist der 28. Juni 2019. Bis dahin habe es sechs Fluchtversuche gegeben. Bis Ende 2020 soll das Gefängnis auf 80 Plätze erweitert werden.

Die Abschiebungshaft ist laut Gesetz von der Strafhaft strikt zu trennen. Im Abschiebegefängnis hat der Häftling außerdem mehr Freiheiten als in einem Strafgefängnis. Er darf unter anderem eigene Kleidung tragen, Post empfangen und versenden, Besuch erhalten sowie Internet und Telefon nutzen.

"Die Haftzeiten werden durch viele unterschiedliche Faktoren beeinflusst", erläuterte ein Ministeriumssprecher. "In der Regel reichen wenige Tage bis einige Wochen aus." Längere Haft werde oftmals dann erforderlich, wenn der Betroffene nicht kooperiere etwa bei der Beschaffung von Passersatzpapieren oder sich seiner Abschiebung mit Gewalt widersetze.

Die Abschiebehaft sei ein unverzichtbares Mittel für einen effektiven und damit auch gerechten Gesetzesvollzug, erklärte Innenminister Peter Beuth (CDU). Verglichen zum Strafvollzug hätten die Untergebrachten zahlreiche Privilegien.

Der parlamentarische Geschäftsführer der Linksfraktion, Hermann Schaus, wandte dagegen ein, die Abschiebehaft stelle einen schweren Eingriff in die Grundrechte dar, da Menschen inhaftiert würden, ohne eine Straftat begangen zu haben. "Ihr einziger Regelverstoß ist, dass sie keinen Aufenthaltsstatus haben, der sie zum Leben in Deutschland berechtigt."

Schaus kritisierte die Platzverhältnisse in der Darmstädter Einrichtung als zu beengt. Außerdem gebe es zu wenige Gemeinschaftsräume und nur sehr begrenzte Möglichkeiten für einen Freigang im Hof. Eine Absicht der Landesregierung, die Haftbedingungen lockerer zu gestalten als in der Strafhaft, sei nicht erkennbar. Angehörige von Häftlingen hätten berichtet, teils lange auf einen Besuchstermin warten zu müssen, sagte Schaus.

Die 20 Abschiebungshaftplätze seien voll ausgelastet, erklärte der Ministeriumssprecher. "Sowohl die Prognose als auch die vor Ort gesammelten Erfahrungen bestätigen, dass die Kapazität nicht dem tatsächlichen Bedarf genügt." Wiederholt hätten Häftlinge nicht aufgenommen werden können. Auch die Unterbringung in Einrichtungen außerhalb Hessens gestaltet sich in der Praxis schwierig. Aus dem Zuständigkeitsbereich der drei hessischen Regierungspräsidien gab es zum Stichtag drei Männer und eine Frau, die in einem Abschiebegefängnis eines anderen Bundeslandes einsaßen.

Im geplanten Neubau in Darmstadt-Eberstadt sollen die Hafträume vergrößert werden, außerdem steht den Häftlingen eine eigene Nasszelle mit Waschbecken und Toilette zur Verfügung, wie das Innenministerium mitteilte. Zu den wesentlichen Änderungen zähle auch, dass von jeder Wohngruppe aus ein Aufenthaltsbereich und ein Sportraum direkt zugänglich sind. An das neue Haftgebäude sollen laut Ministerium zwei sogenannte Freistundenhöfe angegliedert werden - darunter ein Fußballkleinfeld. Der zweite Hof soll Outdoor-Fitnessgeräte und ein Schachspielfeld bekommen. Für die Erweiterung rechnet das Land mit Gesamtkosten von rund 32,6 Millionen Euro.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: