Die seit vergangener Woche vermisste Anneli aus Sachsen ist tot. Bei der Leiche, die am Montagabend nahe Meißen entdeckt wurde, handele es sich um die 17-Jährige, teilte die Polizei auf einer Pressekonferenz mit. "Anneli wurde das Opfer eines Tötungsverbrechens", sagte der Dresdner Polizeipräsident Dieter Kroll.
Ein endgültiges Obduktionsergebnis stehe noch aus, sagte der Staatsanwalt. Auch der genaue Tatzeitpunkt sei noch offen. Die Ermittler gehen aber davon aus, dass das Mädchen bereits am Freitag starb.
So lief die Entführung ab
Mit Fahrrad und Hund habe das Mädchen am Donnerstagabend gegen 19.30 Uhr ihr Elternhaus verlassen, auf einem Feldweg zwischen der B1 und der Ortschaft Luga muss sie auf ihre Entführer getroffen sein. Mit Annelis Handy meldeten diese sich umgehend bei Annelis Vater und forderten 1,2 Millionen Euro, so Kroll. "Im Hintergrund waren Schreie zu hören - dabei handelt es sich vermutlich um die letzten Lebenszeichen des Mädchens -, dann brach das Gespräch ab."
Der Polizeipräsident schilderte die Suche nach Anneli folgendermaßen: Zunächst suchte der Vater nach seiner Tochter und entdeckte das Rad und den angeleinten Hund nur wenige Kilometer entfernt. Die Mutter alarmierte die Polizei. Die Ermittler versuchten, das Handy zu orten, dieses war jedoch seit 20.03 Uhr ausgeschaltet. Ein zweiter Anruf der Täter gegen 21 Uhr am Donnerstagabend landete auf der Mailbox des Vaters. In der Nachricht heißt es, das Mädchen sei bereits in Tschechien, bei Nichtzahlung würde er seine Tochter nicht wiedersehen.
DNA-Material am Fahrrad
1200 Beamte suchten daraufhin nach der 17-Jährigen. Zunächst führte ein Spürhund die Polizei zu einem Hof nahe Luga, doch dort sei nichts gefunden worden, so Kroll. Ebenfalls am Freitag seien erste Hinweise auf einen grauen BMW bei der Polizei eingegangen, der einem der Verdächtigen gehört. Zudem hätten sich die Entführer erneut beim Vater gemeldet. Er solle das Geld per Onlinebanking überweisen, forderten die Anrufer - ein Lebenszeichen von Anneli verweigerten sie ihm.
Das Gespräch ist der letzte Kontakt zu den Tätern. Die Polizei hörte mit. Eine Stimmenanalyse ergab, dass einer der Täter wohl aus dem schwäbischen Raum stammt, seine Stimme aber ins Tschechische zu verfälschen versuchte.
Am Sonntag gelang den Ermittlern dann der Durchbruch: Am Fahrrad des Mädchens wurde DNA-Material eines vorbestraften Mannes gefunden. Es gab nun einen Tatverdächtigen. Die Ortung seines Telefons führte die Polizei nach Bayern in die Nähe von Bamberg, auch das graue Auto, in dem die Schülerin offenbar verschleppt wurde, wurde dort entdeckt. Der zweite Tatverdächtige, ein 61-Jähriger aus Dresden, ist ein enger Bekannter des 39-Jährigen. Er geriet durch die Auswertung von Handydaten ins Visier der Polizei.
Einer der Verdächtigen ist polizeibekannt
Der Dresdner legte dann auch ein Teilgeständnis ab und führte die Beamten so zu einem leerstehenden Gehöft - dem Dreiseithof in Lampersdorf bei Klipphausen, wo am Montagabend gegen 21 Uhr schließlich die Leiche des Mädchens gefunden wurde. Gegen beide Männer wurde am Dienstag Haftbefehl erlassen. Nach Informationen der Bild-Zeitung ist der 39-Jährige Koch und derzeit arbeitslos. Mit der Besitzerin des Dreiseithof, der zum Verkauf steht, soll er verwandt sein. Sein Komplize arbeitete demnach als Edelmetall-Händler in Dresden. Der Polizeipräsident erklärte dazu nur: "Die Ermittlungen beginnen jetzt erst richtig."
Der Vorwurf lautet auf gemeinschaftlichen Mord und erpresserischen Menschenraub mit Todesfolge, erläuterte Staatsanwalt Erich Wenzlich. Ein Motiv sei sicher auch Habgier gewesen. Der 39-Jährige aus Bayern sei polizeibekannt gewesen - auffällig wurde er in Zusammenhang mit Brandstiftung und Versicherungsbetrug sowie mit einem Sexualdelikt; er ist aber noch nie rechtskräftig verurteilt worden.
Ermittler gehen von "Verdeckungsmord" aus
Anzeichen für ein Sexualdelikt gebe es im Fall Anneli aber nicht, erklärten die Ermittler weiter. Stattdessen gehen sie davon aus, dass es sich um einen "Verdeckungsmord" handelt. Die beiden Täter seien nicht maskiert gewesen, das Mädchen habe sie wohl gesehen. Die Pläne des Duos hätten wohl nicht sehr weit gereicht, sagte Kriminaloberrat Detlef Lenk. Es sei davon auszugehen, dass die beiden Männer nach den ersten Kontakten zur Familie nicht weitergewusst hätten.
Direkten Kontakt zwischen Opfer und Täter habe es vor der Entführung wohl nicht gegeben. Mindestens einer der beiden Verdächtigen habe die junge Frau aber vermutlich vom Sehen gekannt, die Männer hätten sich zudem auf Facebook über die Unternehmerfamilie, der Vater ist Bauunternehmer, informiert.
Bei der Pressekonferenz ging es auch um die Frage, warum die Polizei und die Familie des Mädchens bereits am Sonntag an die Öffentlichkeit gingen - ein ungewöhnlicher Schritt bei einer Entführung. Das fehlende Bemühen der Täter seit Freitag, an Geld der Familie zu kommen, habe die Sorge um Anneli erhöht, erklärte einer der Ermittler. "Nachdem wir die Verdächtigen bereits lokalisiert hatten und es tagelang kein Lebenszeichen zu dem Mädchen mehr gab, haben wir uns zu dem Schritt entschlossen." Doch alle Hoffnungen und Gebete hätten sich nicht erfüllt.
(Mit Material der Agenturen)