Ein Anruf bei ... :... der Polizei Berlin, die in einer Privatsache fahndet

Ein Anruf bei ... : Mit diesem Aufruf suchte die Polizei nach einer Passantin, in die sich ein Polizist in Berlin verkuckt hat.

Mit diesem Aufruf suchte die Polizei nach einer Passantin, in die sich ein Polizist in Berlin verkuckt hat.

(Foto: Polizei Berlin)

Auf dem Instagram-Account wurde ein Suchaufruf gepostet, weil ein liebestoller Polizist sich in eine Passantin verguckt hat.

Interview von Nora Reinhardt

Am Montag um 16.30 Uhr war ein Polizist in der Berliner U-Bahn am Halleschen Tor unterwegs. Angeblich wurde er von einer Frau nach dem Weg gefragt - und zum Abschied angelächelt. Und jetzt? Jetzt ist der Beamte offenbar verliebt und die Polizei Berlin sucht via Instagram nach eben dieser Frau.

In der "Story"-Funktion, in der Postings nur 24 Stunden zu sehen sind, veröffentlichte die Polizei Berlin einen Aufruf mit drei grafisch gestalteten Seiten mit Foto, Text und Herzchen-GIFs, um die Frau zu finden: "Bitte melde dich", ein Herz mit durchgeschossenem Pfeil und "Dein Lächeln hat ihn verzaubert" in Schreibschrift waren da zu sehen. Ein Gespräch mit Jörn Iffländer vom Social-Media-Team der Berliner Polizei.

Süddeutsche Zeitung: Wie kam es zu der Social-Media-Maßnahme?

Jörn Iffländer: Der Polizist, ein jüngerer Kollege, hat sich am Morgen nach dem Einsatz bei uns mit einer Instagram-Nachricht gemeldet und gesagt, dass er Hilfe benötigt, weil ihm die Frau nicht mehr aus dem Kopf geht.

Ganz schön unkonventionell.

Für uns ist das eigentlich gar nicht so ungewöhnlich. Es ist zwar das erste Mal, dass wir für einen Polizisten eine Frau suchen, aber wir bekommen häufig Anfragen über Social Media, in denen Bürger mit einem Polizisten gesprochen haben und nur noch die Rückennummer, das Kennzeichen oder den Dienstgrad wissen und gerne Kontakt aufnehmen würden - das leiten wir dann auch weiter und fragen nach, ob Interesse an einer Herstellung des Kontakts besteht. Wir bekommen bestimmt einmal die Woche so eine Anfrage.

Jetzt findet das Ganze aber öffentlich statt - ist das nicht ein bisschen etwas anderes?

Nein, für uns ist das ein Teil der Öffentlichkeitsarbeit.

Stellen Sie sich mal vor, ich würde bei einer Pressekonferenz jemanden erspähen, der mir gefällt, und danach auf SZ.de einen Aufruf starten!

Ja, Sie haben Recht - aber Sie verwechseln da was. Der Kanal der SZ ist ein reiner Nachrichtenkanal. Der Instagram-Kanal der Polizei Berlin ist einer, der alles miteinander verbindet: Öffentlichkeitsarbeit mit Nachrichten über die Polizeiarbeit.

Das vermittelt sich offensichtlich nicht allen. In der Beschreibung steht "Polizei Berlin offiziell - keine Notrufe/Anzeigen - im Notfall 110", das hat schon einen recht sachlichen Anstrich.

Wir haben uns bewusst für Instagram, den jüngeren und leichteren Kanal, entschieden und Facebook und Twitter ausgespart. Und wir haben die Ansprache so gewählt, dass sie über die persönliche Schiene kommt.

Auf Twitter gab es ziemlich kritische Stimmen: Über die altmodische Gestaltung wurde sich lustig gemacht, Ideen für zukünftige Instagram-Stories wurden entworfen ("Hilfe, habe meinen Schlüssel verloren"), Gags wie "Alle 110 Minuten verliebt sich ein Polizist in dein Lächeln" waren die harmloseren, Stalking-Vorwürfe und Missbrauch dienstlicher Privilegien die ernsteren Einwände.

Die Vorwürfe des Stalkings sind natürlich Quatsch, das ist ja klar. Nicht jeder, der die Polizei nach dem Weg fragt, muss damit rechnen, dass er danach gesucht wird. Das war eine Einzelfallentscheidung.

Bereut haben Sie das Posting aber noch nicht?

Nein, bereut haben wir es nicht. Die Überlegung fand vorher statt, wir haben das Für und Wider abgewogen. Auf Instagram ist die Resonanz positiv, aber auf Twitter gab es viele kritische Stimmen - obwohl wir es dort gar nicht gepostet haben. Diesen Medienbruch haben wir einkalkuliert. Die kritischen Stimmen lesen wir und reflektieren da auch, wir sind kritikfähig genug. Und wir überlegen, ob und wie wir so etwas in Zukunft machen.

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Jörn Iffländer, 34, ist Polizeioberkommissar und arbeitet im Social Media Team der Polizei Berlin.

(Foto: Polizei Berlin)

Haben Sie durch die Aktion Follower gewonnen oder verloren?

Ich hatte noch gar keine Zeit, nachzugucken, einen kleinen Moment... Es sind über Nacht 600 dazugekommen, das ist ein ungewöhnlich hoher Anstieg. Wir haben jetzt 28 500 Follower.

Ist das die neue Social-Media-Strategie? In Skandinavien gibt es eine abgelegene Polizeistation, wo so gut wie nie etwas passiert und deren Polizisten mit süßen Tiervideos weltweit große Aufmerksamkeit bekamen...

Wir wollen nicht nur zeigen, was Schreckliches in dieser Stadt passiert, sondern auch Erfolge und Nettes. Wir hatten am Dienstag einen furchtbar schadensträchtigen Einbruch bei einem Juwelier, so etwas berichten wir natürlich genauso. Unsere Strategie ist aber auch, zu zeigen, dass die Polizei auch menschlich ist. Das ist allerdings nicht neu, sondern schon immer unser Anliegen.

Mal eine völlig andere Frage: Darf man als Polizist eigentlich einfach so die Personalien von jemandem aufnehmen?

Da gibt es ganz klare Gesetzesvorgaben. Es muss eine Gefahr vorliegen oder ein Straftatenverdacht. In unserem Bundesland gilt "Das Allgemeine Sicherheits- und Ordnungsgesetz des Landes Berlin". In diesem Fall war natürlich keine Grundlage dafür gegeben.

Hat sich die Richtige denn wenigstens gemeldet?

Noch nicht. Wir bekamen furchtbar viele Nachrichten, aber aus dem Gesprächsinhalt und der Personenbeschreibung wissen wir ja, wer es sein könnte - und wer nicht. Da können wir die Puzzleteile übereinanderlegen. Wir werden den Ausgang der Geschichte auf jeden Fall auf Instagram auflösen, das sind wir unserer Community schuldig. Mal sehen, ob 24 Stunden ausreichen, um sie zu finden.

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