Pol-Position:Weltrekord im Kälteschwimmen

Am Nordpol schwimmen? Hört sich an wie Skispringen in der Sahara. Doch ein Brite will am Wochenende genau das tun und damit auf die Folgen des Klimawandels aufmerksam machen.

Gerhard Fischer

Am Nordpol baden? Das hört sich an wie Skispringen in der Sahelzone. Aber es geht offenbar:

Der Brite Lewis Gordon Pugh will am Sonntag als erster Mensch am Nordpol baden und dabei seinen Weltrekord im Kälteschwimmen brechen. Der 37-Jährige will einen Kilometer zurücklegen und dafür etwa 21 Minuten im Wasser bleiben - bei knapp über minus 1,8 Grad, dem Gefrierpunkt von Meerwasser.

Noch nie sei ein Mensch bei so einer Temperatur geschwommen, sagte Pughs Sprecher. Der Brite, der nur eine Badehose, eine Kappe und eine Schwimmbrille tragen wird, möchte so auf die Folgen des Klimawandels aufmerksam machen.

"Vor zehn Jahren wäre das Schwimmen am Nordpol nicht möglich gewesen, weil dort Eis war", sagte Pugh vor seiner Abreise bei einer Pressekonferenz in London. "Nun tauen Teile der Eisdecke im Sommer - wegen der von den Menschen verursachten globalen Erwärmung." Die Arktis sei eine unbeschreiblich schöne Gegend, "aber leider auch unglaublich verletzlich".

Das Schwimmen in dieser Kälte ist natürlich gefährlich. Die Pulsfrequenz und der Blutdruck steigen, das Herz wird stärker belastet, im schlimmsten Fall kommt es zum Stillstand.

Isolierschicht von 18 Kilogramm

Nach einer Studie des US-Rettungsdienstes United States Search and Rescue Task Force liegt die Überlebenszeit in unter null Grad kaltem Wasser bei 15 bis höchstens 45 Minuten.

Doch Pugh hat prima Voraussetzungen. Erstens hat er sich eine Isolierschicht von 18 Kilogramm angefuttert, zweitens besitzt er die seltene Fähigkeit, seine Körpertemperatur um 1,4 Grad zu steigern.

Das ist wichtig, denn natürlich sinkt die Körpertemperatur im kalten Wasser. Einmal, Pugh schwamm gerade in einer Eisrinne an der norwegischen Gletscherzunge Nigardsbreen, sank seine Körpertemperatur auf 33 Grad; es war sein bisher niedrigster Wert.

24 Minuten war er in der Eisrinne unterwegs - das ist Rekord, was die Verweildauer in eiskaltem Wasser angeht. Pugh badete auch schon bei null Grad in der Antarktis - das ist Rekord, was die Tiefe der Wassertemperatur betrifft.

Und er hat, als er 2004 den norwegischen Sognefjord entlangschwamm, einen mittlerweile gebrochenen Weltrekord im Langstreckenschwimmen aufgestellt: 204 Kilometer in 21 Tagen. Vor dem Bad im Sognefjord hatte er sich übrigens zehn Kilo angefuttert.

Lewis Gordon Pugh, der als Anwalt arbeitet, hat zuhause in Großbritannien in einem Eispool für den Nordpol trainiert und im Juni in der Natur in Norwegen - übrigens zusammen mit Jørgen Amundsen, einem Nachfahren des berühmten norwegischen Polarforschers Roald Amundsen, der 1911 als erster Mensch den Südpol erreichte. Zu Fuß. Nicht im Wasser.

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