Pokerräuber-Prozess:Dilettanten mit Talent zum Beuteverstecken

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In Berlin müssen sich vier Männer wegen des spektakulären Überfalls auf ein Pokerturnier vor Gericht verantworten. So unbeholfen die Räuber auch vorgingen: Nach der Beute suchte die Polizei bisher vergeblich.

Es sollte ein filmreifer Coup werden: Mit Machete und Schreckschusspistolen stürmten vor drei Monaten vier maskierte Räuber während eines internationalen Pokerturniers ein Berliner Luxushotel am Potsdamer Platz. Doch der spektakuläre Überfall wurde schnell aufgeklärt - nun hat vor dem Berliner Landgericht der Prozess gegen die vier mutmaßlichen Räuber begonnen.

Seit heute stehen diese drei mutmaßlichen so genannten Pokerräuber und ein weiterer, nicht abgebildeter Komplize in Berlin vor Gericht. (Foto: ag.ddp)

Zum Auftakt legten drei der vier mutmaßlichen Täter ein Geständnis ab. Der Vierte will am kommenden Donnerstag aussagen. Gerichtssprecherin Petra Carl hatte bereits im Vorfeld gesagt, es werde mit Geständnissen der Angeklagten gerechnet. Nur acht Termine sind für den Prozess bislang vorgesehen. Nach Jugendstrafrecht können maximal zehn Jahre Haft verhängt werden.

Die Männer türkischer und arabischer Herkunft müssen sich wegen schweren Raubes und gefährlicher Körperverletzung verantworten. Die Angeklagten im Alter zwischen 19 und 21 Jahren sollen 242.000 Euro erbeutet haben, der Großteil des Geldes ist bis heute verschwunden.

Gegen zwei mutmaßliche Drahtzieher soll es einen späteren Prozess geben. Der 21-jährige Angeklagte wurde im Gegensatz zu seinen Komplizen schon aus der Untersuchungshaft entlassen. Er hatte sich als Erster gestellt und "nach intensiven Befragungen" seine Komplizen verraten, die dann mit Fotos, Namen und Haftbefehl gesucht wurden. Der Kronzeuge kann möglicherweise mit einer milderen Strafe rechnen.

Bisher nur Gerüchte zur Beute

Der Großteil der Beute von 242.000 Euro ist nach wie vor verschwunden. Einer der Räuber gab 4000 Euro zurück. Es tauchten Gerüchte auf, dass das Geld bei Verwandten gelandet sein könnte.

Bei dem Turnier ging es um eine Million Euro, auch Boris Becker und Autorin Charlotte Roche spielten mit. Das mit Sturmhauben maskierte Quartett ging dilettantisch vor und hinterließ jede Menge Spuren. Schreiend rannten sie mit den Waffen zum Kassenbereich und stopften das Geld aus dem gerade offenen Tresor in Jacken-, Hosen- sowie eine Laptoptasche, wie es in der 28-Seiten-Anklage heißt.

Doch dann lief alles aus dem Ruder. Als die Räuber schon am Ausgang standen, fehlte der vierte. Sie liefen zurück und befreiten ihn aus dem Schwitzkasten eines zwei Meter großen Sicherheitsmanns. Im Handgemenge, bei dem Wachleute Schläge und Tritte abbekamen, blieb ein Teil der Beute zurück. Die Männer flüchteten panisch. Und dann hatte sich ein Zeuge auch noch die Nummer des Fluchtwagens gemerkt.

Erschwerend für die mutmaßlichen Räuber kam hinzu, dass sie der Polizei bereits bekannt waren. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass sich die Vier vor dem Überfall mit dem 29-Jährigen in einem Fast-Food-Restaurant trafen. Erst da soll der Ältere ihnen den Plan erklärt haben.

Nach dem Überfall soll er auch die Beute aufgeteilt, für sich aber den größten Teil behalten haben. Je 40.000 Euro sollen die jungen Männer bekommen haben.

Die Poker-Räuber hatten wohl auch nicht die Überwachungskameras im Blick. Ihre Gesichter hinter den Masken prangten dann von Zeitungstitelseiten. Es dauerte nur zwei Wochen, dann saßen alle Vier in Untersuchungshaft.

Ein 19-Jähriger hatte sich zunächst in den Libanon, ein 20-Jähriger in die Türkei abgesetzt. Sie kamen zurück und stellten sich. Noch auf dem Flughafen in Berlin-Tegel klickten die Handschellen. Ein 20-Jähriger war den Ermittlern zufällig bei einer Kontrolle in Berlin ins Netz gegangen. Spekuliert wurde auch, dass Tipps zu den Tätern von einer verfeindeten arabischen Großfamilie stammen sollen.

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