Süddeutsche Zeitung

"Playboy" auf den Philippinen:"Vielleicht einen Nippel zeigen"

In dieser Woche erscheint auf den Philippinen zum ersten Mal eine lokale Ausgabe des Playboy - die Regeln für Nacktheit in Männer-Magazinen unterscheiden sich von Land zu Land, weiß Chefredakteur Beting Dolor.

Jürgen Schmieder

Das erste Titelbild des Playboy sieht nach heutigen Maßstäben eher züchtig aus. Marylin Monroe sitzt in einem tief dekolletierten Abendkleid auf dem Bett, sie lacht fröhlich und winkt dem Leser zu. Es ist keine laszive oder anrüchige Pose; die erste Ausgabe im Dezember 1953 war mit 53.991 verkauften Exemplaren nicht wegen des Covers ein Erfolg, sondern aufgrund des Bildes in der Mitte des Heftes, dem Centerfold. Dort räkelt sich die Monroe auf einem roten Tuch - nackt.

Das ist das Klischee vom Playboy: In jeder Ausgabe gibt es einen Promi von möglichst hohem Buchstaben-Status (am besten also einer der A-Kategorie), der die Hüllen fallen lässt und dazu eine unbekannte Schönheit, die in der Mitte des Heftes darauf wartet, ausgeklappt zu werden. Das Ganze garniert mit frivolen Witzchen, erotischen Kurzgeschichten und Lifestyle-Texten zu Autos und Sport. Dass der Playboy legendäre Interviews - mit Jimmy Carter etwa oder John Lennon und Yoko One kurz vor dem Tod Lennos - und enthüllende Reportagen enthält, wird im öffentlichen Bild gern an den Rand gedrängt. Wohl auch deshalb ist das Magazin in vielen asiatischen Ländern wie China, Malaysia und Thailand verboten.

Umso überraschender klang die Ankündigung des US-Mutterkonzerns, die Lizenz für die 25. internationale Version an einen Geschäftsmann auf den Philippinen zu vergeben. Asien ist kein gutes Pflaster für das Magazin. Als vor zwei Jahren der Playboy in Indonesien mit einer lokalen Variante an den Markt ging, kam es schon vor der ersten Ausgabe zu Tumulten. 150 Mitglieder der Islamischen Verteidigungsfront (IDF) warfen Steine auf das Redaktionsbüro. Auf den Philippinen ist es ruhig. Noch.

Das könnte sich ändern. Im Juli 1982 gab es schon einmal einen Skandal. Da ließ sich die philippinische Schauspielerin Tetchie Agbayani nackt für den Playboy fotografieren, sie war gar auf der Titelseite der deutschen Ausgabe zu sehen. Nach dem Erscheinen musste sie in die Vereinigten Staaten auswandern, weil ihr Produzenten keine Rollen mehr anboten und sie auf der Straße beleidigt und angegriffen wurde. Mittlerweile jedoch hat sich in den philippinischen Medien einiges getan, Männer-Lifestyle-Titel wie Maxim und FHM wurden erfolgreich eingeführt. Der Playboy jedoch ist aufgrund seiner Reputation noch einmal eine Steigerung.

"Wenn man an Playboy denkt, denkt man unweigerlich an Frauen", sagt Chefredakteur Beting Dolor: "Dennoch wird das Magazin nicht so werden wie das amerikanische Vorbild." Deshalb soll es keine völlig nackten Frauen im Heft geben, auch Genitalien sollen nicht gezeigt werden. "Vielleicht einen Nippel", sagt Dolor, der auch klarstellt, dass es Unterschiede zur indonesischen Version geben wird: "Wir werden sicherlich nicht so explizit sein wie das US-Magazin, aber auch nicht so züchtig wie in Indonesien." Man wolle sich auf geschriebene Artikel konzentrieren und nicht auf Fehlende-Textil-Artikel.

Der Chefredakteur möchte deshalb auch weitgehend auf prominente Nackedeis verzichten. "Die Menschen wollen etwas entdecken. Das Centerfold soll deshalb eine unbekannte Frau sein." In der ersten Ausgabe jedoch steht eine bekannte philippinische Sängerin im Mittelpunkt - und auch auf der Titelseite.

Beim redaktionellen Inhalt lehnt sich das Magazin an das amerikanische Vorbild an, setzt thematisch jedoch auf Landesthemen. Es gibt eine Reportage über eine berüchtigte Rebellen-Bande in Süd-Mindanao, dem gefährlichsten Teil des Inselstaates. Das berühmte 20-Fragen-Format beschäftigt sich in der ersten Ausgabe mit Chiz Escudero, dem Shootingstar der philippinischen Politik. Die Kurzgeschichte - ebenfalls Teil des amerikanischen Playboy - stammt aus der Feder von Sarge Lacuesta. Er ist Gewinner des Palanca Awards, der philippinischen Variante des Pulitzer-Preises.

"Vier Palanca-Gewinner schreiben in der ersten Ausgabe für uns", sagt Dolor. "Der Playboy muss ein schön zu lesendes Magazin sein, deshalb haben wir die besten Autoren verpflichtet." Ein guter Marketing-Satz, den Dolor vor allem deshalb immer wieder sagt, um von der wichtigsten Frage abzulenken: Wie reagieren die Menschen auf die Fotos? Wird es Proteste oder sogar Gewalt geben wie in Indonesien 2006? Und wie ergeht es der Frau auf dem ersten Titelblatt - wird auch sie aus dem Land gejagt?

Indonesien ist das Land mit der größten muslimischen Bevölkerung weltweit, auf den Philippinen dagegen sind 90 Prozent der 85 Millionen Bewohner Christen. Sie legen den Glauben sehr streng aus, was sich in Ritualen wie dem Selbst-Kreuzigen am Karfreitag äußert.

Toto Mayarez, ein katholischer Priester auf Mindanao, versucht zu beschwichtigen: "Ich glaube nicht, dass die Christen das Magazin abstoßender finden als Maxim oder FHM, aber man muss die ersten Ausgaben abwarten." Auch Chefredakteur Dolor versucht, der Debatte den Wind aus den Segeln zu nehmen: "Wir versuchen, niemanden zu provozieren. Wir wollen ja nicht, dass unser Magazin verbrannt wird."

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.287623
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
sueddeutsche.de/jja
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.