Süddeutsche Zeitung

Plastikmüll in den Ozeanen:"Wir orten und tracken den Müll"

Lesezeit: 3 Min.

Der Franzose Ben Lecomte schwimmt gerade von Hawaii nach San Francisco, um auf die Umweltverschmutzung der Meere aufmerksam zu machen. Ein Gespräch über das Durchqueren von 80 000 Tonnen Plastikmüll und Brotzeit im Wasser.

Interview von Beate Wild

Der Franzose Ben Lecomte, 52, ist seit 15. Juni unterwegs im Pazifik. Er schwimmt gerade von Hawaii nach San Francisco, um auf das Müllproblem in den Weltmeeren aufmerksam zu machen. Dabei durchquert er den sogenannten "Plastic Vortex", den "Plastik Müllstrudel", wo sich seit Jahrzehnten Tonnen von Plastikabfällen sammeln.

Die SZ erreicht ihn per Satellitentelefon auf dem Boot seiner Crew nordöstlich von Hawaii, exakte Koordinaten: 27°56.960 N / 152°05.615 W. In Deutschland ist es frühmorgens, bei Lecomte abends und zwölf Stunden früher. Die Verbindung ist zeitverzögert, manchmal klappert und rauscht es. Man muss schreien, um sich zu verständigen.

SZ: Sie durchqueren gerade das Great Pacific Garbage Patch, ein Gebiet drei Mal so groß wie Frankreich und voll mit schätzungsweise 80 000 Tonnen Plastikmüll. Wieso tun Sie sich das an?

Benoît Lecomte: Ach, ich habe einfach eine Leidenschaft für Schwimmen auf dem offenen Meer. Und wissen Sie, als Kind hab ich niemals Plastik herumliegen sehen und heute ist es überall. Mit dieser Aktion wollte ich die Aufmerksamkeit auf dieses Problem lenken. Die Menschen müssen sich endlich ändern, es kann nicht so weitergehen!

Sind Sie ein Öko? Leben Sie sonst auch umweltbewusst und verzichten auf Plastik?

Ganz ohne Plastik zu leben ist tatsächlich eine große Herausforderung, aber ich versuche mein Bestes und kaufe zumindest kein Wegwerfplastik. Und auch bei der Kleidung achte ich darauf, dass es aus natürlichem und nicht synthetischem Material besteht. Es ist ein Prozess, man muss das erst lernen, ohne Plastik zu leben.

Welche Gegenstände schwimmen denn da im Wasser?

Wir finden Mikroplastik, das höchstens fünf Millimeter groß ist. Und auch größere Teile, auf denen Algen und Seetierchen leben. Oft ist es schwer zu erkennen, was das vorher einmal war.

Ihr Ziel ist es, zusammen mit ihrer Crew den Müll aus dem Meer zu fischen?

Wir können leider nicht alles aufsammeln, dafür haben wir hier auf dem Boot nicht den Platz dazu. Was wir machen, ist Daten sammeln. Wir orten und tracken den Müll, machen Fotos und nehmen Proben von Mikroplastik mit. Wir fischen das Zeug mit einem bestimmten Netz heraus, so können wir bestimmen, was und wieviel da gerade im Wasser schwimmt. Unsere wissenschaftlichen Partner, etwa die Universität von Hawaii, haben uns darauf trainiert. Später soll das alles im Labor ausgewertet werden.

Können Sie sagen, wo der Müll herkommt?

Das ist schwer zu bestimmen, außer man sieht die Schrift noch. Meistens finden wir aber asiatische Labels auf den Sachen.

Wie läuft Ihr Tag normalerweise ab?

Wir fahren zu den Stellen, die uns interessieren, und dort gehe ich dann ins Wasser. Heute war ein kurzer Tag, ich bin nur etwa fünf Stunden geschwommen. Normalerweise bin ich um die acht Stunden im Wasser.

Machen Sie Pausen dazwischen?

Ich mache jede Stunde eine kleine Pause, esse Brot und trinke Suppe. Dazu komme ich aber gar nicht extra aus dem Wasser. Erst am Abend an Bord esse ich eine richtige Mahlzeit, Pasta oder etwas aus der Dose.

Und am Wochenende, haben Sie da frei?

Ich weiß nicht einmal, wann Samstag oder Sonntag ist. Jeder Tag schaut hier draußen gleich aus. Ob ich schwimme, hängt von den Wetterbedingungen ab und davon, wie ich mich fühle.

Sie haben ja eine Crew mit zehn Leuten dabei. Was machen Sie am Abend? Gibt es ab und zu ein After-Work-Bier?

Für einige von uns schon, das hängt vom Schichtplan ab, schließlich hat auf dem Boot rund um die Uhr jemand Dienst. Ab und zu schaut die Crew zusammen einen Film an, aber ich bin da nie dabei, weil ich früh schlafen gehen muss.

Wo kommt der Nachschub für das Essen her?

Wir haben genug Essen für den ganzen Trip dabei. Und wir haben Geräte zum Entsalzen für Trinkwasser.

Ist das Wasser eigentlich sehr kalt?

Das hängt davon ab, wo ich gerade bin. Im Moment ist die Wassertemperatur noch recht warm, doch je näher wir an die kalifornische Küste kommen, desto kälter wird es. Aber dann muss ich halt mehrere Neoprenanzüge übereinander anziehen, dann geht es.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen für 0,99 € zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4503924
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ.de
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.