Plädoyers im Kachelmann-Prozess:"Halt die Klappe oder du bist tot"

Die Staatsanwaltschaft bleibt hart: In ihrem Plädoyer zeigt sich die Anklage überzeugt, dass Kachelmann seine Ex-Geliebte bedroht und vergewaltigt hat. Belastend sei etwa, dass der Moderator gezielt Spuren auf seinem Handy beseitigt habe. Zuvor war es im Gericht zu einem Eklat gekommen.

Im Kachelmann-Prozess hält die Staatsanwaltschaft am Vorwurf der Vergewaltigung fest. Zwar habe die 38-Jährige in einigen Punkten gelogen, das bedeute aber nicht, dass sie ansonsten die Unwahrheit gesagt habe, sagte Staatsanwalt Lars-Torben Oltrogge am Mittwoch vor Gericht in Mannheim. Nur weil sie Lügen zur Vorgeschichte der Tat längere Zeit aufrechterhalten habe, dürfe nicht der Stab über die Frau gebrochen werden. Man könne deshalb nicht behaupten, dass ihre Aussage "nichts wert" sei und sie "in keinem Punkt die Wahrheit" sage.

Prozess Jörg Kachelmann

Staatsanwalt Lars-Torben Oltrogge hält das mutmaßliche Vergewaltigungsopfer für glaubwürdig.

(Foto: dpa)

Laut Anklage soll Kachelmann die Frau in der Nacht zum 9. Februar 2010 bedroht und vergewaltigt haben. Der Moderator bestreitet die Vorwürfe. Ob er verurteilt wird, hängt maßgeblich davon ab, wie das Gericht die Glaubwürdigkeit des Opfers bewertet. Am 31. Mai soll ein Urteil verkündet werden. Mehr als 15 Monate nach der angeblichen Tat.

Oltrogge sagte nun in seinem Plädoyer, Kachelmann habe versucht, bestimmte "Spuren zu beseitigen". So seien auf seinem Handy, auf dem er alle seine SMS-Kontakte speicherte, sämtliche von dem mutmaßlichen Opfer eingegangenen SMS nicht mehr vorhanden. Ebenso fehlten alle Eingänge im Zeitraum vom 16. Januar bis 12. Februar 2010. Dagegen seien alte Kontakte früherer anderer Freundinnen noch vorhanden gewesen.

In dem Plädoyer der Staatsanwaltschaft wurden zudem weitere Details bekannt, die Kachelmann aus Sicht der Anklage belasten. Oltrogge zitierte aus früheren Vernehmungen des mutmaßlichen Vergewaltigungsopfers zum angeblichen Ablauf des Geschehens in der Tatnacht. Als sie den 52-Jährigen dabei auf andere Frauen angesprochen habe, habe Kachelmann ihr nach längerem Schweigen letztlich erzählt, dass er einen Frauenhass habe und "dass er krank ist und verrückt, wie Dr. Jekyll und Mr. Hyde". Er sei auch schon beim Psychologen gewesen.

Laut den von Oltrogge verlesenen Vernehmungsprotokollen hatte die 38-Jährige Kachelmann aufgefordert zu gehen. Nach einer Weile habe der jedoch einen Blick bekommen, der "eiskalt, böse und starr" gewesen sei. Dann sei er in die Küche gegangen, habe ein Messer genommen, sie an den Haaren gepackt, ihr das Messer an den Hals gedrückt und gesagt: "Halt die Klappe oder du bist tot." Dann habe er sie auf das Bett geworfen und vergewaltigt. Sie habe "Todesangst" bekommen und habe gebetet: "Lieber Gott, bitte lass mich das überleben."

Auch die Staatsanwaltschaft sei "nicht so blöd", nicht zu erkennen, dass die Nebenklägerin in vielen Punkten gelogen habe, sagte Oltrogge. Unter anderem hatte sie Angaben zur Vorgeschichte der möglichen Tat erst spät korrigiert. Dennoch gehe die Anklage davon aus, dass die Angaben zum eigentlichen Tatvorwurf zutreffen.

Wenn aus Sicht der Frau die Todesdrohung und nicht der Geschlechtsverkehr das eigentliche Kerngeschehen der Nacht gewesen sei, sei es einleuchtend, dass sie bestimmte Teilaspekte der angeblichen Vergewaltigung nicht wahrgenommen habe, sagte Staatsanwalt Werner Mägerle. Die Aussagen der Nebenklägerin wiesen in wesentlichen Teilen einen "hohen Erlebnisbezug" auf.

Die 38-Jährige kann sich an bestimmte Details nicht erinnern, was Fragen nach ihrer Glaubhaftigkeit aufgeworfen hatte. Erstmals seit langem erschien die Frau am Mittwoch wieder selbst im Landgericht. Sie verfolgte die Plädoyers der Staatsanwaltschaft aufmerksam und vermied jeden Blickkontakt mit Kachelmann.

"Ich hab da nichts gehört, was mich in irgendeiner Weise zweifeln lassen würde an meiner Haltung und an der Prognose, die die Verteidigung inzwischen stellt", sagte Kachelmann-Anwalt Johann Schwenn in einer Sitzungspause über das Plädoyer, das am Nachmittag fortgesetzt werden sollte. Er hatte sich zuletzt zuversichtlich gezeigt, dass der Prozess mit einem Freispruch für seinen Mandanten enden könnte.

Kurz nach Beginn der Plädoyers war der Prozess zunächst unterbrochen worden. Schwenn beantragte den Ausschluss der Öffentlichkeit, weil Staatsanwalt Oltrogge Details aus dem Chat-Verkehr zwischen dem 52-jährigen Schweizer und seiner Ex-Geliebten vorgelesen hatte. Schwenn warf Oltrogge vor, er wolle seinen Mandanten bloßstellen. "Es geht darum, den Angeklagten maximal zu schädigen."

Der Vorsitzende Richter Michael Seidling erinnerte daran, dass die Beteiligten sich darauf verständigt hätten, die Persönlichkeitsrechte des Angeklagten und der Zeuginnen zu wahren. Schwenn nahm seinen Antrag zurück, nachdem die Staatsanwaltschaft zusicherte, auf Passagen hinzuweisen, die Persönlichkeitsrechte Kachelmanns berühren könnten. Am Nachmittag sollte auch der Vertreter des mutmaßlichen Opfers zu Wort kommen.

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