Pistorius-Prozess:Zeuge berichtet von Telefonterror

Hat Oscar Pistorius schon häufiger leichtfertig mit Waffen hantiert? Die Aussage eines Zeugen am dritten Prozesstag legt das nahe. Inzwischen belasten vier Personen den Sportler schwer. Einer erzählt von Drohanrufen.

Ein wichtiger Zeuge im Prozess gegen den südafrikanischen Sportler Oscar Pistorius sieht sich als Opfer von Telefonterror. Charl Johnson, der 200 Meter von Pistorius' Haus entfernt wohnt, sagte vor dem Gericht in Pretoria, unmittelbar vor seiner Vernehmung als Zeuge habe er zahlreiche anonyme Anrufe bekommen.

Nach seinen Angaben erfolgte der erste Anruf, als er am Dienstag im Gericht darauf wartete, in den Zeugenstand gerufen zu werden. Johnson sagte, danach habe er sein Handy ausgeschaltet, beim Wiedereinschalten habe er auf dem Display zahlreiche Anrufe in Abwesenheit gesehen. Auf der Mailbox sei eine Nachricht "von einer Person aus dem Ausland" gewesen. Der Anrufer habe ihm in einschüchternderm Ton vorgeworfen, vor Gericht zu lügen. "Wir wissen, dass Oscar Reeva nicht getötet hat", habe er gesagt. Anschließend seien weitere Drohanrufe erfolgt.

Da alle seine privaten und beruflichen Kontakte diese Telefonnummer wählten, sehe er sein Privatleben beeinträchtigt, sagte Johnson. Er zählt zu den wichtigsten Zeugen der Anklage, die Pistorius vorwirft, seine Freundin Reeva Steenkamp im Februar 2013 ermordet zu haben. Johnson will in der Todesnacht Schreie einer Frau und Schüsse gehört haben. Der Verteidiger von Pistorius versuchte, im Kreuzverhör die Aussage infrage zu stellen. Die Darstellung wurde allerdings dadurch gestützt, dass Johnson sagte, schon kurz nach den dramatischen Ereignissen anderen Menschen die gleichen Details berichtet zu haben.

Drei Zeugen belasten Pistorius

Vorher haben Pistorius zwei andere Zeugen belastet. Johnsons Ehefrau Michelle Burger hat ausgesagt, sie habe in der Todesnacht Schreie einer Frau gehört. Ähnlich wie das Ehepaar äußerte sich die Nachbarin Estelle van der Merwe, die weniger als hundert Meter von Pistorius' Haus entfernt wohnt. Sie erzählte von einem Streit und lauten Knallgeräuschen.

Im Prozess geht es darum, herauszufinden, was in jener Nacht zum 14. Februar 2013 wirklich passiert ist. Fest steht, dass der Paralympics-Sportler vier Mal auf seine Freundin Reeva Steenkamp geschossen hat. Fraglich ist, ob er dabei vorsätzlich gehandelt hat oder ob die Schüsse ein tragischer Unfall gewesen sind, weil Pistorius einen Einbrecher im Haus vermutete. Der auf drei Wochen angesetzte Prozess soll das klären.

Pistorius, dem im Falle eines Schuldspruchs eine Haftstrafe von 25 Jahren droht, erklärte sich zur Prozesseröffnung am Montag in allen Anklagepunkten für "nicht schuldig". Die Anklage wirft ihm neben der "vorsätzlichen Tötung" seiner Freundin auch das Tragen und den Einsatz verbotener Waffen vor.

"Sag einfach, Du warst es"

Zu Pistorius' Umgang mit Waffen hat als vierter Zeuge der Anklage der Profiboxer Kevin Lerena über einen Vorfall in einem Restaurant berichtet, wo Pistorius mit einer Pistole unter dem Tisch geschossen hatte und danach seinen Freund Darren Fresco bat, dafür die Verantwortung zu übernehmen. "Sag einfach, Du warst es, ich will keine Spannungen in meinem Umfeld", habe Pistorius gesagt, so der Zeuge, der über das gemeinsame Mittagessen im Kreise einiger Freunde in einem Lokal in Johannesburg im Januar 2013 berichtete.

Der Schuss habe seinen Fuß nur um ein Haar verfehlt. "Ich schaute hinunter und neben meinem Fuß war ein Loch im Fußboden. Ich war sehr schockiert", so Lerena. Pistorius habe sich für den Schuss entschuldigt. Die Anklage will mit dem Zeugen offensichtlich nachweisen, dass Pistorius einen unvorsichtigen und rücksichtslosen Umgang mit Waffen pflegte.

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