Pistole "Ideal Conceal":Dieses Smartphone kann Menschen erschießen

Concealable gun made to look like smartphone

Waffe als Smartphone, Smartphone als Waffe: Die "Ideal Conceal".

(Foto: dpa)
  • Amerikaner können bald Pistolen kaufen, die wie Smartphones aussehen.
  • Waffengegner und Polizisten warnen vor fatalen Folgen.
  • An den Vorschriften wird der Verkauf nicht scheitern.

Von Johannes Kuhn, New Orleans

Die besten Einfälle kommen den Menschen auf dem Klo, die dubiosesten Einfälle auf dem Weg dorthin. Kirk Kjellberg ging gerade zur Restaurant-Toilette, als ein kleiner Junge sein Pistolenhalfter sah und laut "Mami, Mami, der Mann hat eine Pistole!" schrie.

"Früher wäre das keine große Sache gewesen", erzählt Kjellberg - in seiner Heimat Minnesota ist das verdeckte Tragen von Waffen wie im Rest der USA erlaubt.* "Aber bei den Nachrichten heute sind die Menschen etwas ängstlicher." Und so kam dem 53-Jährigen die Idee, eine Pistole zu entwickeln, die Kinder nicht erschreckt, weil sie harmlos aussieht.

"Ideal Conceal" heißt die Handfeuerwaffe, über die derzeit unter Waffenfreunden und -gegnern heftig diskutiert wird. Optisch ein gängiges Smartphone, zeigt sich erst mit dem Ausklappen eines Griffs der echte Zweck. Mehr als 4000 Menschen haben bereits Interesse signalisiert, erzählt Kjellberg stolz. Bislang gibt es allerdings nur ein Design, der Prototyp soll im Juni fertig sein, der Verkauf im Herbst beginnen. Der Preis liegt mit 395 Dollar zufällig auf dem Niveau des günstigsten iPhones.

Concealable gun made to look like smartphone

Smartphone-Pistole "Ideal Conceal" im ausgeklappten Zustand.

(Foto: dpa)

Waffengegner sehen einen weiteren Beweis dafür erbracht, dass Amerika unermüdlich daran arbeitet, seinen Bürgern das Töten zu erleichtern. Smartphone-Attrappen seien leichter in waffenfreie Veranstaltungen wie Sportereignisse oder Konzerte zu schmuggeln, so einer der Kritikpunkte.

Smartphone am Ohr, abgedrückt

Einige Polizisten äußern sich besorgt, dass der Job nun "noch schwieriger" werde, weil die Waffe nicht als solche erkennbar sei. Afroamerikaner schütteln den Kopf, weil US-Polizisten bei schwarzen Teenagern bereits häufiger den Griff in die Hosentasche als Griff zur Waffe deuteten und abdrückten. Nun wäre das Smartphone in der Hand theoretisch ein weiteres Signal, das fatale Folgen haben könnte.

Kjellberg hält diese Debatten naturgemäß für übertrieben und pocht auf "gesunden Menschenverstand". Die Waffe werde genug Metall enthalten, um von Detektoren erkannt werden zu können. Unter den Interessenten seien viele Polizisten. "Wenn jemand beim Zusammentreffen mit der Polizei eine Waffe verstecken möchte, hat er viel bessere Möglichkeiten", sagt er.

Und umgekehrt gelte: "Wenn ein Polizist meine Hände in der Luft sehen will, dann hebe ich sie. Das Problem liegt doch darin, wie die jüngere Generation sich gegenüber Polizisten verhält." Und mögliche Unfälle von Kindern, die mit dem vermeintlichen Smartphone spielen? "Sie legen doch auch nicht eine Schüssel mit Rattengift neben den Frühstücksplatz Ihres Babys."

Die Argumente des 53-Jährigen liegen auf einer Linie mit dem waffenfreundlichen Teil der USA und der Lobbygruppe National Riffle Association (NRA): Nicht Schusswaffen sind demnach das Problem, sondern bösartige oder unfähige Benutzer. Diese Haltung hat in den USA noch immer Erfolg, Beschränkungen wurden auch nach Massakern an Schulen bereits etliche Male erfolgreich verhindert.

Die Zulassung wird nicht am Design scheitern

Auch "Ideal Conceal" wird nicht an der Regulierung scheitern: Die Zulassung von Handfeuerwaffen liegt in der Hand der Bundesstaaten, die allerdings kaum Vorgaben für das Design machen. Im eingeklappten Zustand ist die Smartphone-Waffe nicht auszulösen und ausgeklappt kennzeichnet sie der Griff als Pistole. Das genügt.

Die Idee, Waffen als Alltagsgegenstände zu tarnen, hat ohnehin Tradition. Die ersten "Pen Guns", Pistolen in Stift-Form, wurden Anfang des 20. Jahrhunderts gebaut und waren auch in Europa beliebt. Wiederauflagen in den Neunzigerjahren - natürlich in den USA - waren allerdings erfolglos, weil die Spionage-Anmutung nicht darüber hinwegtröstete, dass sich nur ein einziger Schuss abfeuern ließ.

Interessenten außerhalb der USA

Unter Waffenfreunden ist das auch die größte Kritik, die an "Ideal Conceal" geübt wird: Mit nur zwei Patronen ausgestattet helfe sie im Feuergefecht nicht, außerdem würde das Ausklappen zu lange dauern, schimpfen sie in den sozialen Medien. Unterstützung dagegen kommt vom Aktivisten Cody Wilson. "Die Pistole ist innovativ, und ich hoffe, es gibt einen Markt dafür", erzählte er der Washington Times. Der Texaner setzt sich für eine "Demokratisierung" von Waffen ein und verteilte einst Baupläne für Pistolen aus dem 3-D-Drucker. Dieser Markt könnte in der Tat auch außerhalb der USA liegen: Laut Kjellberg haben sich bereits Interessenten aus Europa, Asien und der arabischen Welt gemeldet.

* Die Regelungen sind von Bundesstaat zu Bundesstaat unterschiedlich, zu Beschränkungen wie Tests und Waffenverbot an bestimmten Orten siehe Wikipedia-Eintrag "Concealed carry".

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