Süddeutsche Zeitung

Vulkan auf den Philippinen:Der Staub steigt mehr als 15 Kilometer hoch

  • 43 Jahre lang hat der Vulkan Taal auf den Philippinen geschlafen, nun ist er wieder aktiv.
  • Aufgrund vieler Erdbeben in der Gegend fürchten Experten, dass der Vulkan auch nicht so bald wieder zur Ruhe kommen wird.
  • Viele Einheimische weigern sich aus Angst um ihr Hab und Gut dennoch, ihre Häuser zu verlassen.

Von Arne Perras, Singapur

Die Katastrophenschützer auf den Philippinen haben den Kreis um den Vulkan noch etwas größer gezogen. Sicher ist sicher, denn nichts deutet darauf hin, dass der Taal bald wieder zur Ruhe kommt. Der Staat hat deshalb am Dienstag angeordnet, die Evakuierungszone von anfangs 14 auf 17 Kilometer im Radius zu erweitern, was nun bedeutet: Nahezu eine Million Bewohner müssen ihre Häuser verlassen, um sich vor dem Taal zu schützen.

Doch trotz der Gefahren zögern die Menschen in vielen Gemeinden, sie wollen nicht gehen. Am gefährlichsten ist die Lage auf der Vulkaninsel im See, in unmittelbarer Nähe des Kraters, von dort waren die Bewohner schon am Sonntag geflohen; doch am Dienstag wagten sich einige mit dem Boot wieder zurück, sie wollten noch Tiere retten, die sie zurücklassen mussten.

Als sie ankamen, sahen sie tote Kühe, bedeckt von der Vulkanasche. Vier lebende Pferde, die in ruhigen Zeiten dazu dienten, Touristen zum Krater zu bringen, konnten sie noch verladen und ans andere Ufer bringen, auch sie waren dick mit Schlamm bedeckt, wie der Philippine Daily Inquirer berichtete. Einer der Bewohner, Aldrin Malapi, sagte, man brauche größere Boote, um zu retten, was noch zu retten ist, ein Meter dick liege die Asche dort drüben, dennoch gäbe es noch überlebende Tiere. Die Leute haben nicht viel außer ihren Schweinen und Rindern, für sie riskieren sie viel.

Andernorts klagte ein Bürgermeister, er könne seine Leute nicht dazu bewegen, ihre Häuser zu verlassen, auch sie wollten bei ihren Tieren bleiben, weil es alles ist, was sie haben. Der Staat will Todesfälle vermeiden, aber die Menschen sind hin und her gerissen zwischen Angst um ihr eigenes Leben und der Sorge um ihr Hab und Gut.

Andere wieder nähern sich dem Vulkan, weil sie die einmalige Chance sehen, Fotos zu machen, auch das ist lebensgefährlich, wie Experten warnen.

Der Taal hat 43 Jahre lang geschlafen, doch am Sonntag war er mehr oder weniger abrupt erwacht, Eruptionsgewitter entladen sich, der Vulkan lässt Lavafontänen tanzen und spuckt riesige Aschewolken in den Himmel, der Staub steigt mehr als 15 Kilometer hoch. Experten rechnen noch mit einer baldigen Steigerung seiner Aktivität, sie warnen vor einer "gefährlichen explosiven Eruption". Diese könne "jederzeit" geschehen, sagte Maria Antonia Bornas vom Institut für Vulkanologie und Seismologie in Manila.

Dies würde bedeuten: noch mehr Asche und fliegendes Gestein, womöglich größeren Lavaflüsse und auch pyroklastische Ströme. Das sind Glutwolken, die sich rasend schnell bewegen und als extrem gefährlich gelten.

"Jeder Vulkan hat seinen eigenen Charakter"

Wie aktiv dieser Vulkan ist, zeigen nicht nur Dutzende Erdbeben, die es nun jeden Tag in der Gegend gibt. An mindestens 16 Orten sind Spalten aufgerissen, das philippinische Institut für Vulkanologie und Seismologie hat sie in ihrem jüngsten Bulletin vom 14. Januar, 13 Uhr Ortszeit, alle aufgelistet.

"Zwar kann man nie ganz genau vorhersagen, wie sich so ein Vulkan in den kommenden Wochen verhalten wird", sagt der italienische Geowissenschaftler Corrado Cimarelli, der an der LMU München forscht. "Aber die Kollegen auf den Philippinen kennen ihre Vulkane seit Langem und auch sehr gut, sie können ihn einschätzen." 34 sind aktiv auf den Philippinen, alleine der Taal ist seit dem Jahr 1572 schon 33 Mal ausgebrochen. "Jeder Vulkan hat seinen eigenen Charakter", sagt Cimarelli, je länger man diese Eigenheiten über die Jahre studiert und beobachtet, je mehr Daten man sammeln kann, umso besser.

Dass es nun so viele Erdbeben gibt, deutet Cimarelli als größeres Warnzeichen, das nicht für baldige Ruhe des Vulkans spricht. Zumindest könnte er noch wochenlang Asche spucken. Die Folgen sind nicht nur für die umliegenden Ortschaften schon jetzt verheerend, auch die Megametropole Manila, ein Ballungsraum mit 14 Millionen Bewohnern, leidet. Atemmasken waren sehr schnell ausverkauft, Bilder zeigten, dass viele Menschen nur Tücher vor dem Mund haben, um sich zu schützen. Schulen und Regierungsbüros bleiben am Dienstag auf Anordnung der Regierung geschlossen, viele Geschäfte schlossen sich an. Der Flughafen wurde wieder geöffnet, nachdem mehr als 500 Flüge gestrichen worden waren. Aber das kann sich sehr schnell wieder ändern, je nachdem, wie sich der Flug der Asche weiterentwickelt.

Viele Farmer fürchten nun, dass die Asche ihre Ernten schädigen wird, die Regierung bietet zinslose Darlehen für sie an, aber Forderungen nach mehr Hilfe werden bereits lauter. Ein Parlamentarier forderte, dass solche Nothilfe aus Steuergeld bezahlt werden müsse, weil die Betroffenen ohnehin schon alles verloren hätten.

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