Das Phänomen ist als "Sextorsion" bekannt: Kriminelle erstellen falsche Internet-Identitäten auf Dating-Portalen oder Facebook, geben sich meist als junge, attraktive Frauen aus. Wenn sich die Opfer dann auf Cybersex einlassen, werden sie dabei ohne ihr Wissen gefilmt. Die Erpresser drohen ihnen anschließend, die Bilder Angehörigen oder Freunden zukommen zu lassen, wenn nicht gezahlt wird. Manche Internetnutzer werden so um tausende Euro erleichtert.
Fahndern von Interpol ist nun auf den Philippinen ein Schlag gegen solche Sex-Erpresser gelungen. Nach Angaben der internationalen Polizeiorganisation und der örtlichen Polizei in Manila konnten in den vergangenen Tagen 58 Verdächtige festgenommen werden. Sie arbeiteten von den Philippinen aus für international operierende Verbrecherbanden.
Ihre Opfer waren meist Männer, teilweise auch Minderjährige. Wie der philippinische Polizeichef Alan Purisma erklärte, kommen die meisten aus Hongkong, Indonesien, Singapur, den Philippinen, USA und Großbritannien. Nach Schätzung von Interpol sind weltweit bereits Hunderttausende Internetnutzer Opfer von derartigen Erpressungen geworden. Im Schnitt verlangten die Täter 500 Dollar für die Vernichtung des Materials von ihren Opfern, teilte die Organisation mit. Auch Forderungen in Höhe von 15 0000 Dollar habe es aber schon gegeben.
Ein 17-Jähriger brachte sich um, als er erpresst wurde
Unter den nun Festgenommenen waren auch drei Männer, die durch ihre Drohungen vermutlich einen Teenager aus Schottland in den Suizid getrieben haben. Der 17-Jährige hatte sich im vergangenen Jahr vor seiner Internetkamera ausgezogen, weil er glaubte, Kontakt mit einem Mädchen zu haben. Am anderen Ende der Leitung waren in Wirklichkeit allerdings Betrüger, die ihn anschließend mit dem Videomaterial erpressten. Der Teenager stürzte sich von einer Brücke.
Die "Sextorsion"-Ringe hätten nur ein Ziel: "Geld zu machen, egal, welche schrecklichen emotionalen Leiden ihren Opfern zugefügt werden", sagte Sanjay Virmani, der bei Interpol für den Kampf gegen Cyberkriminalität zuständig ist.
Die Täter arbeiten demzufolge mittlerweile zum Teil in Call-Center ähnlichen Büros und werden in Lehrgängen geschult. Wer seinen Job besonders gut macht, könne Boni wie Bargeld-Prämien, Extraurlaub oder ein neues Handy erhalten.
Deutsche Internetnutzer sind nach Angaben von Interpol bislang vergleichsweise selten betroffen. Aus dem einfachen Grund, dass viele Erpresser mangels Sprachkenntnis keine Anlockversuche über deutsche Online-Dating-Portale oder soziale Netzwerke starten können. Wer es dennoch mit Kriminellen zu tun bekomme, solle sich sofort an die Polizei wenden, empfiehlt Interpol. Ganz gleich, wie unangenehm das Erpressungsmaterial auch sein möge.