Peru:Indigene im Urwald nehmen Kontakt zur Außenwelt auf

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Am Ufer des Flusses Las Piedras, nahe dem Dorf Monte Salvado sind Ende Juni Dutzende Mashco-Piro gesehen worden. (Foto: Survival International/via REUTERS)

Sie leben völlig abgeschieden im Regenwald. Doch nun haben sich Mitglieder vom Volk der Mashco-Piro an die Bewohner eines Dorfes gewandt. Womöglich aus einer Notlage heraus.

Von Kassian Stroh

Die letzten Bilder von ihnen sind knapp 13 Jahre alt: Einmal erschienen 100 bewaffnete Mitglieder des Volks der Mashco-Piro vor einem Dorf im Südosten Perus und drohten den Bewohnern, ein paar Monate später überfielen sie es sogar, noch etwas später erschoss einer von ihnen mit einem Pfeil einen Dorfbewohner. Und in dieser Zeit entstanden ein paar Aufnahmen. Dann aber waren die Mashco-Piro wieder verschwunden im Regenwald. Bis jetzt.

Die Menschenrechtsorganisation Survival International hat Bilder veröffentlicht, die zeigen, wie vor vier Wochen einige Dutzend Indigene vom Volk der Mashco-Piro aus dem Schutz des Waldes treten. Mehr als 50 von ihnen seien am Fluss nahe dem Dorf Monte Salvado gesehen worden, weitere 17 Menschen in der Nähe des benachbarten Dorfes Puerto Nuevo. Aus purer Not heraus – weil ihr Lebensraum durch Holzfäller bedroht sei. Die peruanische Zeitung El Comercio berichtet, sie hätten die Dorfbewohner auf der anderen Seite des Flusses um Bananen gebeten.

Bekleidet waren die Menschen nur mit einem Lendenschurz. (Foto: ---/dpa)

Die Mashco-Piro sind nach Einschätzung der Organisation das größte unkontaktierte Volk der Welt, die Rede ist manchmal von bis zu 250, manchmal von etwa 750 Mitgliedern. Sie leben im Südosten Perus, abgeschieden vom Rest der Welt, ohne Kontakt zur und Wissen von der sogenannten Zivilisation. Aber in einem Gebiet, in dem offenbar Firmen Konzessionen zur Abholzung besitzen. Eine von ihnen hat laut Survival International dort bereits Straßen mit einer Länge von insgesamt 200 Kilometern angelegt, um Holz abzutransportieren. Und das Holzgeschäft gefährde nicht nur den Lebensraum der Mashco-Piro, die laut El Comercio auf der Suche nach Nahrung nun immer öfter ausweichen müssten. Die vermutlich noch größere Gefahr ist: „Die Holzfäller könnten neue Krankheiten einschleppen, die die Mashco-Piro auslöschen würden“, so wird der Präsident der lokalen Indigenen-Organisation Fenamad, Alfredo Vargas Pio, in einer Mitteilung zitiert. Das Immunsystem der Indigenen wäre manchen Erregern hilflos ausgeliefert, da es sie nie kennenlernen konnte.

Die Dorfbewohner, die der Mashco-Piro nun ansichtig wurden, sprächen eine ähnliche Sprache, und sie hätten verstanden, dass die Waldbewohner sich über die Holzarbeiten beschwert hätten. Für Pio ein Beweis dafür, „dass viele Mashco-Piro in diesem Gebiet leben, das die Regierung nicht nur nicht geschützt, sondern sogar an Holzunternehmen verkauft hat“. Und für Survival International Grund genug, von der peruanischen Regierung zu fordern, die Aktivitäten der Holzfäller zu stoppen. „Es zeichnet sich eine humanitäre Katastrophe ab“, warnt Caroline Pearce, die Direktorin der Organisation.

Schon Ende des 19. Jahrhunderts sahen sich die Mashco-Piro gezwungen, sich tief in den Urwald zurückzuziehen – auf der Flucht vor dem peruanischen Kautschukhändler und Abenteurer Carlos Fermín Fitzcarrald, der viele von ihnen aus egoistischem Geschäftsinteresse heraus massakrieren ließ. Auch als sie das bislang letzte Mal zu sehen waren, vor mehr als einem Jahrzehnt, traten sie wohl aus Verzweiflung in Erscheinung: Angeblich baten sie Dorfbewohner damals um Essen.

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