Passkontrolle:Schau mir in die Augen, Kamera

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"Biometrie-gestützte Grenzkontrolle" heißt das Projekt, bei dem die Iris eines Menschen als dessen Ausweis genutzt wird: Am Frankfurter Flughafen wird getestet, ob eine fotografierte Iris die Passkontrolle sicherer machen kann.

Von Detlef Esslinger

Wäre dies jetzt tatsächlich eine Einreise, wäre man gerade angekommen, zum Beispiel mit Srilankan Airlines aus Colombo - man würde diesen Auftritt wohl ein wenig genießen. Etwas derangiert sehen ja all die Reisenden aus, die hier vor dem Schalter anstehen, Hemd aus der Hose, Haare durcheinander.

Während der Testphase am Frankfurter Flughafen erfasst ein Biometrie-Gerät die Augenpartie eines Reisenden. (Foto: dpa)

Nichts ist lästiger, als nach einem langen Flug in der Schlange zu stehen. Und nichts erhebender, als daran einfach vorbeigehen zu dürfen.

Vielversprechend aus Sicht des Innenministeriums

Einfach vorn an der Schleuse den Pass ins Lesegerät schieben, darauf öffnet sich eine Tür, man betritt eine Schleuse und blickt in eine Kamera, drei, vier Sekunden lang, die rote Anzeige "Ausgang/Exit" blinkt, die hintere Tür geht auf - das war die Passkontrolle. Hinten, in der Schlange, ist noch niemand vorangekommen.

Seit Februar gibt es am Frankfurter Flughafen die Möglichkeit, sich vorbeizudrängeln. Es handelt sich um einen Versuch, der zunächst auf ein halbes Jahr befristet ist und der sich aus Sicht des Bundesinnenministeriums bislang als vielversprechend erweist.

"Biometrie-gestützte Grenzkontrolle" heißt das Projekt, bei dem die Iris eines Menschen als dessen Ausweis genutzt wird. Speichen, Flecken und Ringe der Iris sind bei jedem Menschen anders zusammengesetzt, aus 240 Merkmalen besteht sie insgesamt.

Innenminister Otto Schily (SPD) startete das Projekt, weil er sich davon ein Geschäft auf Gegenseitigkeit zwischen Staat und Bürgern verspricht: Der Staat will Kriminellen erschweren, mit falschen Personalien herumzureisen.

Der Kollateralnutzen für die Bürger ist, dass sie schneller durch die Kontrolle kommen, zumal jetzt am Anfang: Mehr als 70000 Menschen müssen Tag für Tag in Frankfurt vor Grenzbeamte treten. 7500 machen inzwischen mit bei dem Projekt - es liegt in der Natur der Sache, dass sie ruckzuck an der Reihe sind.

"Gucken wir mal, ob gegen Sie was vorliegt"

Wer sich dazu entschließt, wer kein Problem damit hat, dem Staat die Daten seiner Iris zur Verfügung zu stellen, der betritt in Terminal 1, Halle A, einen Bürocontainer, der auf Behaglichkeit getrimmt wurde. Hydrokulturen, Ledercouch, Zeitungen und Gratiskaffee im rechten Teil, zwei lächelnde Beamte vom Bundesgrenzschutz (BGS) hinter den Schreibtischen im linken.

"Da wollen wir mal gucken, ob gegen Sie was vorliegt", sagt der Beamte, dem man zur Registrierung seinen Reisepass reicht.

Als Witz meint er das; für gesuchte Kriminelle dürfte das Projekt ja vergleichsweise unattraktiv sein. Gespeichert werden neben den Daten der Iris noch Name, Geburtsdatum, Staatsangehörigkeit und Ausweisnummer. Alle Informationen werden auf einer lokalen Datenbank am Flughafen abgelegt.

Klaus Ludwig, der Sprecher des BGS-Amtes, sagt, sämtliche Angaben würden nur für diesen Zweck genutzt - "für sonst nichts", wie er bekräftigend hinzufügt. So wird es auch auf der Einwilligungserklärung versichert, die jeder Teilnehmer unterschreiben muss.

Anschließend tritt man vor die Digitalkamera, die Iris wird aufgenommen und gespeichert, danach muss man hier nie wieder Schlange stehen.

Sofern das Projekt auf Dauer fortgesetzt wird. Im Bundesinnenministerium will man sich darauf noch nicht festlegen. Vor allem die Zuverlässigkeit der Methode soll ja getestet werden: Identifiziert die Kamera in der Schleuse wirklich die im Registrierungsbüro aufgenommene und gespeicherte Iris?

Fingerabdruck, Gesichtserkennung, Geruchs- und Gangidentifizierung

Oder lässt sie immer wieder mal Reisende nicht passieren, öffnet ihnen stattdessen die Seitentür, die direkt vor die Theke des Passbeamten führt? Vor all den Leuten, wie peinlich. Oder winkt sie gar mal jemanden durch, den sie hätte aufhalten müssen?

Neben der Iris-Erkennung wären ja auch andere Methoden biometrischer Kontrolle denkbar: Fingerabdruck und Gesichtserkennung, sogar Geruchs- und Gangidentifizierung sind mittlerweile möglich.

Dass aber eine solche Kontrolle kommen wird, gilt in Zeiten globalen Terrors als sicher. "Sicherheit kann nur zu 100 Prozent minus X erreicht werden", sagt Klaus Ludwig vom BGS. "Und wir versuchen, das X so klein wie möglich zu halten."

Wer mit einem Visum in die USA reist, muss seit Herbst 2003 zwei Fingerabdrücke abgeben. In London und Amsterdam gab es ähnliche Versuche wie in Frankfurt.

Allerdings, keiner soll glauben, die Teilnahme daran erspare ihm auch die Sicherheitskontrolle, das Abtasten und das Durchleuchten. "Manche meinen das aber", sagt Ludwig.

© SZ vom 29.6.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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