Pascal-Prozess:"Die habbe alle nur blöd geguckt"

Eine Angeklagte schildert vor Gericht, wie der fünfjährige Pascal starb und wie die Kneipengäste darauf reagiert haben.

Von Hans Holzhaider

Saarbrücken - Vor der 1. Großen Strafkammer des Landgerichts Saarbrücken hat am Montag die 51 Jahre alte Putzfrau Erika K. geschildert, wie der fünfjährige Pascal am 30. September 2001 im Nebenzimmer einer Saarbrücker Bierkneipe zu Tode kam.

Sie selbst, gestand Erika K., habe einen Müllsack aufgehalten, in den die Leiche gesteckt worden sei. Die Wirtin der Tosa-Klause, Christa W., und der 61-jährige Dieter S. hätten den toten Pascal mit dem Auto abtransportiert.

Was die Zuhörer im Schwurgerichtssaal in Saarbrücken erschreckt und verblüfft, ist die scheinbare Gleichgültigkeit und Emotionslosigkeit, mit der Erika K. die Geschehnisse schildert.

Pascal sei an jenem Tag schon gegen 13.30 Uhr von seiner Halbschwester in der Tosa-Klause abgeliefert worden, sagt sie. Dort sei er von dem schon verurteilten Peter S. sexuell missbraucht worden. Dieser habe nach der Vergewaltigung 20Mark an die Wirtin bezahlt.

Sie sei dann in ihre Wohnung gegangen, habe für sich, ihren Sohn und ihren Freund Essen gemacht, und sei dann in die Tosa-Klause zurückgegangen. Dort habe sie beobachtet, wie der 46-jährige Martin R. in das Nebenkämmerchen gegangen sei, wo Pascal mit nacktem Unterkörper auf einer Pritsche lag.

Sie habe gesehen, wie Martin R. den Fünfjährigen missbrauchte, die 40-jährige, geistig zurückgebliebene Andrea M., die der Tosa-Wirtin vom Jugendamt zur Betreuung anvertraut war, habe ihm dabei handgreiflich geholfen. Christa W. habe den Vorgang gefilmt.

"Die habbe alle nur blöd geguckt"

Als das Kind geschrien habe, habe Martin R. gefordert, "die Andrea soll mache, dass der Kleene ruhig bleibt". Andrea M. habe daraufhin den Kopf des Kindes auf das Kissen gedrückt. "Dann hat man nichts mehr gehört."

Als R. schließlich aus der Kammer kam, sei sie selbst hineingegangen, schildert die Angeklagte. "Da hat der Kleen' gelegen, als ob er wirklich tot war."

"Ist da keine Hektik ausgebrochen", fragt der Vorsitzende Richter. "Nee", sagt Erika K., "die habbe alle nur blöd geguckt."

Christa W. habe gesagt, Pascal werde "entsorgt", er komme in eine Kiesgrube in Frankreich. "Dann hat der S. den Kleen' in so ne Decke gewickelt, die wo für den Hund da war, und dann hat die Christa gesagt, ich soll die Tüte halten, und da han ich die Tüte uffgehalte, ich han so en doofe Kopp."

Danach sei sie mit ihrem Sohn auf die Kirmes gegangen. "Und warum nicht zur Polizei", fragt der Richter. "Wees ich net", antwortet Erika K. Sie habe Angst vor Martin R. gehabt. Der habe, als er nach der Vergewaltigung des Kindes wieder in die Gaststube kam, sie angeschaut und die Geste des Halsabschneidens gemacht.

Am Donnerstag will das Gericht mit der Vernehmung der Angeklagten Andrea M. beginnen. Sie ist neben Erika K. die einzige der 13 Angeklagten, die Angaben zur Sache machen will. Einen Antrag, währenddessen die Öffentlichkeit auszuschließen, wies das Gericht zurück.

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