Papst in Ägypten:Papst Franziskus will Friedensbotschaft an Muslime senden

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Der Papst zum anfassen nah - fast: Papst Franziskus wird in einem normalen, geschlossenen Auto ohne Panzerung unterwegs sein. (Foto: AP)
  • Der Papst will bei seiner Reise durch Ägypten eine Friedensbotschaft an die muslimische Welt senden.
  • Angeblich will Franziskus auf ein gepanzertes Fahrzeug verzichten und stattdessen mit einem normalen Auto durch Kairo fahren.

Von Oliver Meiler, Rom

Mit Panzerung oder ohne? Geschlossenes oder offenes Dach? Vor der Reise des Papstes nach Kairo beschäftigte keine Frage die Medien mehr als jene nach dem geeigneten Automobil für die sichere Durchquerung der großen Stadt. Es wurde dabei viel gemutmaßt, wahrscheinlich auch fabuliert. "Glauben Sie, wem Sie wollen", sagte der Sprecher des Vatikans, der Amerikaner Greg Burke, deshalb beim Pressebriefing vor der Abreise, "doch der heilige Vater wird in einem ganz normalen, geschlossenen Wagen fahren." Falls die Ägypter das denn zulassen; sie sind bekannt dafür, das Protokoll zu kapern. Und Sicherheit ist nun mal ein großes Thema - nicht erst seit den Terroranschlägen auf zwei koptische Kirchen am Palmsonntag, aber seitdem noch mehr als zuvor.

27 Stunden wird sich Franziskus in Kairo aufhalten, Siesta und Nachtruhe inklusive. Von freitags 14 Uhr bis samstags 17 Uhr. Nur ein einziger Programmpunkt soll nach den Attentaten angepasst worden sein: Die Messe am Samstagmorgen, bei der etwa 25 000 Gläubige erwartet werden, wird nun nicht wie zunächst geplant in einer Halle im Stadtzentrum stattfinden, sondern im Air-Defense-Stadium, einem Stadion der ägyptischen Luftwaffe außerhalb von Kairo. Dort wird sich der Papst mit einem offenen Golf Cart durch die Massen fahren lassen, wie er das bei solchen Gelegenheiten immer tut, damit er möglichst vielen aus der Nähe zuwinken kann.

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Alles an dieser Reise soll nach Nähe und Herzlichkeit riechen, trotz der Sorgen und Differenzen. Nähe zunächst zu den bedrängten, oft gewaltsam verfolgten Christen im Nahen Osten. Und Nähe zur muslimischen Welt und seinen gemäßigten Vertretern. Der Papst reise als Botschafter des Friedens und als Brückenbauer an, sagte Burke. Es ließe sich auch die Figur des Seiltänzers anfügen: Der Papst wird seine Worte mit Bedacht wählen müssen, will er niemanden brüskieren - weder die, die klare Bekenntnisse erwarten, noch jene, denen er nicht zurückhaltend genug sein kann.

Besondere Bedeutung kommt Franziskus' Treffen mit Großimam Ahmed Mohammed al-Tayyeb zu, dem Leiter der Al-Azhar-Universität, der weltweit wichtigsten Lehrstätte für sunnitische Geistliche. Zumindest symbolische Bedeutung. Tayyeb hatte den Papst im vergangenen Jahr in Rom besucht und damit eine lange Verstimmung beendet, die über dem Pontifikat von Franziskus' Vorgänger, Benedikt XVI., seit dessen berühmter Regensburger Rede 2006 geschwebt hatte. Joseph Ratzinger erlaubte sich 2011 auch, mehr Schutz für die Kopten zu fordern. Tayyeb schalt Benedikt der Einmischung in innerägyptische Angelegenheiten und brach den Kontakt zum Vatikan ab. Mit dem Amtsnachfolger löste sich die Verkrampfung.

"Franziskus reichen Gesten ja auch aus", sagt Sandro Magister, der Vatikanexperte von L' Espresso und Betreiber des Blogs "Il settimo cielo" (Der siebte Himmel). Sichtbare Zeichen, eine Umarmung vor den Kameras - das genüge dem Argentinier. "Ihn interessiert es nicht, in die Gräben hinabzusteigen, die sich zwischen der christlichen und der islamischen Welt geöffnet haben", sagt Magister. Von islamistischem Radikalismus und Terrorismus rede er ungern, schwierige Fragen umgehe er. Die Kritik an der angeblichen Oberflächlichkeit Franziskus' teilt der Vatikan-Kenner mit dem ägyptischen Islamwissenschaftler und katholischen Theologen Samir Khalil Samir, Benedikts früherem Berater. Samir wurde kürzlich mit deutlichen Worten zitiert: "Papst Franziskus kommt aus Argentinien", sagte er im Beisein von Journalisten, "er kennt den Islam nicht." Dieses Unwissen helfe dem Dialog nicht. Magister fügt an, die offene Kritik sei umso bemerkenswerter, als Samir wie Franziskus Jesuit sei.

Eigentlicher Anlass der päpstlichen Reise ist eine Friedenskonferenz an der al-Azhar, zu der Scheich Tayyeb hochrangige religiöse Persönlichkeiten eingeladen hat, so auch das Ehrenoberhaupt der orthodoxen Christenheit, Patriarch Bartholomaios I. Der Papst spricht als Zweiter, nach dem Großimam. Auch das ist ungewöhnlich. Normalerweise eröffnet oder beschließt ein Papst Konferenzen. In Kairo tritt Franziskus nur als ein geladener Teilnehmer von vielen auf und setzt sich so der Gefahr aus, im Fluss der Reden unterzugehen oder gar instrumentalisiert zu werden.

Eine ähnliche Gefahr dräut mit dem ägyptischen Präsidenten Abdel Fattah al-Sisi. Aus Sicht seiner Kritiker verschafft der Papst mit seinem Besuch im Präsidentenpalast dem Herrscher willkommene PR. Zumal man annimmt, dass Jorge Mario Bergoglio die prekäre Lage der Menschenrechte in Ägypten ausklammern wird, wie er das auf heiklen Reisen meistens tut, um die Gastgeber nicht zu ärgern. Wichtiger erscheint ihm die politische Stabilität Ägyptens in einer instabilen Region. Bleiben sollen schöne Gesten und Bilder der Versöhnung, ohne Misstöne.

Unverfänglich sind die Termine, die sich der Papst für den zweiten Reisetag aufhebt: die Messe im Stadion, das Mittagessen mit den katholischen Bischöfen, das Gebetstreffen mit den Ordensleuten. Alles Heimspiele, nur eben auswärts.

© SZ vom 28.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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