Süddeutsche Zeitung

Papst Franziskus:"Der Mensch ist gierig und unersättlich geworden"

  • Papst Franziskus kritisiert in der Christmette im Petersdom in Rom vor Tausenden Gläubigen die um sich greifende Gier und Maßlosigkeit.
  • Zugleich beklagt er die daraus entstehenden Ungleichheiten zwischen den Menschen und verweist auf Christus als Wegweiser für ein anderes Lebensmodell: "Nicht verschlingen und hamstern, sondern teilen und geben."
  • Am Dienstag spendet der Papst den traditionellen "Urbi et Orbi"-Segen.

Papst Franziskus hat an Heiligabend Maßlosigkeit kritisiert und zu Nächstenliebe aufgerufen. "Wenn wir auf die Krippe schauen, verstehen wir, dass das, was das Leben nährt, nicht der Besitz, sondern die Liebe ist; nicht Gier, sondern Nächstenliebe; nicht der Überfluss, den man zur Schau stellt, sondern die Einfachheit, die man bewahrt", sagte das Katholikenoberhaupt am Montagabend bei der Christmette vor Tausenden Gläubigen im Petersdom in Rom.

"Der Mensch ist gierig und unersättlich geworden", sagte der Papst. "Das Haben, das Anhäufen von Dingen scheint für viele der Sinn des Lebens zu sein." Er beklagte die daraus entstehenden Ungleichheiten zwischen den Menschen. "Eine unersättliche Gier durchzieht die Menschheitsgeschichte, bis hin zu den Paradoxien von heute, dass einige wenige üppig schlemmen und so viele kein Brot zum Leben haben."

Papst fordert zum Verzicht auf

Das Christuskind, geboren in einem Stall und gelegt in eine Futterkrippe, eröffne ein anderes Lebensmodell: "Nicht verschlingen und hamstern, sondern teilen und geben." Franziskus appellierte an die Gläubigen, sich zu fragen: "Schaffe ich es, auf viele überflüssige Nebensächlichkeiten zu verzichten, um ein einfacheres Leben zu wählen?"

Papst Franziskus ruft immer wieder zu Bescheidenheit auf oder übt Kritik an der Konsumgesellschaft. Aus Sicht vieler verkörpert der Argentinier selbst die Einfachheit, die er fordert, so verzichtete er als Papst auf einige Privilegien. Er ist außerdem für seinen Einsatz für Arme und Ausgegrenzte bekannt. So lädt er immer wieder Obdachlose oder Flüchtlinge in den Vatikan ein oder trifft Häftlinge. Im vergangenen Jahr hatte Franziskus an Heiligabend zu Mitgefühl für Verfolgte aufgerufen.

In seiner Weihnachtsbotschaft am Dienstag, dem ersten Weihnachtstag, betonte Franziskus die Bedeutung des Zusammenlebens zwischen Menschen verschiedener Nationen, Kulturen und Religionen. "Unsere Verschiedenheit schadet uns (...) nicht, sie bedeutet keine Gefahr; sie ist vielmehr ein Reichtum", sagte er am Dienstag von der Loggia des Petersdoms aus, vor Tausenden Gläubigen auf dem Petersplatz.

Die universale Botschaft von Weihnachten sei, dass "wir alle Geschwister sind". In seiner Weihnachtsbotschaft äußerte das Katholikenoberhaupt die Hoffnung auf Dialog und Frieden zwischen Israelis und Palästinensern, auf eine politische Lösung in Syrien und auf Waffenruhe im Jemen. Franziskus sprach auch die Konflikte zwischen Nord- und Südkorea, Venezuela, Nicaragua und in der Ukraine an. Anschließend spendete der Papst den traditionellen "Urbi et Orbi"-Segen.

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