Missbrauchskonferenz im Vatikan:Papst fordert "konkrete Maßnahmen" - und attackiert Kritiker

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Papst Franziskus bei seiner Ankunft zum Missbrauchsgipfel im Vatikan (Foto: AP)
  • Am Donnerstag hat die viertägige Missbrauchskonferenz im Vatikan begonnen.
  • 190 Kirchenvertreter aus aller Welt diskutieren, wie sie auf Missbrauchsfälle besser reagieren und sie verhindern können.
  • Papst Franziskus wehrte sich im Vorfeld gegen zu heftige Kritik; kündigte aber auch "konkrete und wirksame Maßnahmen" gegen Missbrauch an.
  • Einige Betroffene zeigten sich enttäuscht von einem Vorbereitungskomitee.

Papst Franziskus hat konkrete Schritte der Kirche zum Kampf gegen den Kindesmissbrauch gefordert. Zum Auftakt des vatikanischen Sondertreffens zu den Missbrauchsskandalen sagte der Papst am Donnerstag, die Welt erwarte von der Kirche "konkrete und wirksame Maßnahmen" gegen den Missbrauch. Die Kirche müsse "auf die Stimmen der Kinder hören, die Gerechtigkeit verlangen".

Am Mittwoch hatte der Papst sich noch gegen zu heftige Kritik gewehrt. Die Mängel der Kirche müssten angeprangert werden, um sie zu beheben, sagte er. Doch diejenigen, die dies ohne Liebe täten und ihr Leben damit verbrächten, anzuklagen, seien Freunde oder Verwandte des Teufels. Er forderte konstruktive Kritik statt zerstörender Anklage. "Lebt wie Christen und bezeugt, dass Liebe schöner ist als Hass, Freundschaft schöner als Feindschaft und die Brüderlichkeit zwischen uns allen schöner als Krieg."

An viertägigen Gipfel zum Missbrauchsskandal nehmen 190 Kirchenvertreter aus aller Welt teil. Die Kirche nennt die Konferenz "Treffen zum Schutz von Minderjährigen in der Kirche". In Vorträgen und Workshops sollen die Kirchenvertreter lernen, wie sie Missbrauch in ihren Gemeinden verhindern können, wie sie mit Opfern umgehen und wie sie Fälle von Missbrauch untersuchen können.

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Mit dem Missbrauchsgipfel will Franziskus die Glaubwürdigkeit der Kirche wiederherstellen und Klarheit schaffen. Doch häufig ist es der Papst selbst, der mit seinen Aussagen Verwirrung stiftet.

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Den Organisatoren zufolge markiere der Gipfel einen Wendepunkt im Umgang der katholischen Kirche mit dem Missbrauchsskandal. Viele hochrangige Kirchenvertreter weltweit hatten Fälle von Missbrauch geleugnet und die Opfer diskreditiert, um den Ruf der Kirche zu schützen.

Der Vorsitzende der deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, sagte im Vorfeld, er hoffe, dass auf dieser Konferenz "etwas geschieht, was für die gesamte Weltgesellschaft von Bedeutung ist". In Bezug auf Missbrauch sagte er, es gehe jetzt darum, "dieses Übel zu überwinden".

Missbrauchsopfer zeigten sich jedoch schon vor Beginn des Treffens enttäuscht. Bei einem Vorabtreffen zwischen Opfern und dem Vorbereitungskomitee sei der Papst nicht dabei gewesen, sagte Matthias Katsch vom deutschen Opferschutzverband Eckiger Tisch der Nachrichtenagentur dpa. Zudem hätten die Organisatoren nicht recht sagen können, was eigentlich der Zweck dieses Vorabtreffens sei.

Auch andere schraubten die Erwartungen herunter. "Sie werden nach vier Tagen nicht mit neuen Regeln und Vorschriften rauskommen", sagte der Betroffene Phil Saviano. Sein Eindruck sei, dass es eher eine "Lehrstunde" für Bischöfe der ganzen Welt sein werde.

© SZ.de/ap/afp/dpa/epd/eca - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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