Süddeutsche Zeitung

Pandabären in Berlin:Ein Träumchen

Zoobesucher in der Hauptstadt sind im Glück: Endlich zeigen sich die im Sommer geborenen Pandazwillinge dauerhaft

Von Clara Lipkowski, Berlin

Plötzlich stößt eine junge Frau einen spitzen Schrei aus. Dann japst sie: "Oh. Mein. Gott!" Ihr Blick und der etwa 60 weiterer Besucher richtet sich gebannt auf das, was sich hinter einer Plexiglasscheibe ereignet: Ein flauschiges, dickes, schwarz-weißes Knäuel klettert schwerfällig hinter einer Holzlehne hervor. Der Pandabär balanciert auf der Lehne und streckt sich. Die Anwesenden sind hingerissen, Kinder weinen vor Glück, Eltern drücken ihre Babys etwas fester an sich. Irgendwer ruft: "Halleluja!"

Seit vergangenem Donnerstag geht das hier schon so, seitdem können Besucher nicht nur Pandaeltern, sondern auch Pandababys dauerhaft bestaunen, die Ende August 2019 im Berliner Zoo zur Welt gekommen sind. Pandas gibt es hierzulande nur in Berlin und Pandababys in Deutschland überhaupt zum ersten Mal. Bislang wurden sie noch vor den ständigen Blicken Neugieriger geschützt.

Den Besuchern dämmert jetzt, dass es die Mutter gewesen sein muss, die sich gerade präsentiert hat - für ein Baby ist sie zu groß. Doch das schmälert die Begeisterung nicht, hier gilt die einhellige Meinung, dass diese plüschigen, gemütlichen Tiere ja so! süß! sind. Sanitäter stehen zwar nicht bereit, aber drei wegen des Andrangs eingestellte Sicherheitskräfte.

Der Vorschlag, sie "Hong" und "Kong" zu nennen, wurde abgelehnt

Die Attraktion verdankt der Zoo der chinesischen Diplomatie. Schon 1979, unter Helmut Schmidt, wurden Exemplare der seltenen Bären nach Deutschland gebracht, als Zeichen der Wertschätzung und in der Erwartung guter Beziehungen zwischen beiden Ländern. Das Männchen Bao Bao lebte bis 2012 im Berliner Zoo und wurde 34 Jahre alt - Rekord in Deutschland. Das jetzige Elternpaar - Mutter Meng Meng und Vater Jiao Qing, zu Deutsch "Träumchen" und "Schätzchen" - lebt seit 2017 in Berlin und kostet den Zoo jährlich 900 000 Euro; es ist lediglich eine Leihgabe. 2019 kamen spärlich behaart die Zwillingsbrüder Meng Xiang ("Ersehnter Traum") und Meng Yuan ("Erfüllter Traum") zur Welt. Inzwischen haben sie Fell, und auch ein Namensstreit ist beigelegt: Der Vorschlag des Tagesspiegels, die beiden Hong und Kong zu nennen, ist vom Tisch. Die Tierpfleger nennen die beiden politisch neutral Pit und Paule.

Noch säugt die Mutter ihre Babys, doch in ein paar Monaten werden auch sie Bambus knabbern - bis zu 40 Kilo verspeist ein Panda am Tag. Die noch kleinen Bären wiegen aber auch ohne Bambus bereits stolze 10,5 Kilo und entwickeln sich laut Pfleger Marcel Kröhl prächtig. Tagsüber würden sie gerne raufen und klettern, sagt er.

Den Besuchern am Samstagvormittag zeigt sich aber nur einer der beiden, welcher, ist schwer zu sagen, denn er liegt eingerollt auf einem Holzgerüst und schläft. An der Schnauze könne er sie unterscheiden, sagt Kröhl, die des älteren sei länger, doch sie bleibt verborgen, das Baby schlummert, und das auch noch die nächste Stunde. Die Rufe aufgeregter Kinder dringen nicht durch die Plexiglasscheibe zu ihm hindurch. Aber optisch sollen sie den Rummel mitbekommen, sagt Kröhl, denn wenn sie ab Sommer ins Außengehege dürfen, soll sie die Umgebung nicht ängstigen.

Papa Jiao Qing läuft derweil in seinem eigenen Gehege auf und ab, reibt sich kurz an einem Stein, legt sich dann auch hin und döst. Es geht gemächlich zu im Leben der Pandafamilie. Der Besucher Alexander, 5, hat jetzt genug gesehen. Süß seien die, sogar sehr, sagt er, aber die Elefanten finde er schon auch toll.

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