In der Geschichte der Zufallsfunde spielt der amerikanische Kontinent keine unwesentliche Rolle. Kolumbus suchte einen Seeweg nach Indien und fand die Bahamas. James W. Marshall suchte Bauholz für eine Sägemühle und fand das Goldnugget, das den kalifornischen Goldrausch auslöste. Und nun also die Brüder Liam und Jessin Fisher aus North Dakota: Sie suchten ein wenig Erholung im Grünen und fanden einen Tyrannosaurus Rex.
Liam Fisher ist neun Jahre alt, geht in die dritte Klasse und spielt Ukulele. Der Sechstklässler Jessin Fisher, 12, liest gerne Bücher, unter anderem über Dinos. Die beiden waren mit ihrem Vater Sam sowie ihrem Cousin Kaiden Madsen zum Wandern in den Badlands im US-Bundestaat North Dakota unterwegs, als sie einen übergroßen Beinknochen entdeckten, der aus einem Felsen ragte. „Dad hat gefragt, was ist das? Und Jessin sagte, das ist ein Dinosaurier“, so erzählte es Liam Fisher gerade ganz lapidar bei einer virtuellen Pressekonferenz. Was man nicht alles so findet, wenn man mal zwischendurch sein Telefon aus der Hand legt, vor die Haustür tritt und die Augen öffnet.
Andererseits war es auch ganz praktisch, dass der Vater im entscheidenden Moment ein Handy in der Hosentasche hatte. Er machte ein Foto von dem Knochenfund und schickte es an seinen alten Schulfreund Tyler Lyson, der zufällig die paläontologische Sammlung des Naturkundemuseums von Denver im Bundesstaat Colorado leitet. Lyson war sich ziemlich schnell sicher: „Das ist etwas Besonderes.“
Tatsächlich hatten die drei Kinder nicht irgendeinen T-Rex entdeckt, sondern einen heranwachsenden T-Rex, der zum Zeitpunkt seines Todes vor etwa 67 Millionen Jahren nicht viel älter gewesen sein dürfte als sie selbst – einen Teen Rex, wenn man so will. Laut Lyson sind solche Exemplare „extrem selten“, höchstens eine Handvoll seien jemals gefunden worden. Für die Wissenschaft sind die Fossilien von jugendlichen Sauriern aber besonders wertvoll, weil an ihnen die Wachstumsprozesse einer längst ausgestorbenen Art studiert werden können. Der junge T-Rex der Fisher-Brüder dürfte nach Schätzungen von Experten etwa 7,60 Meter lang gewesen sein und mehr als 1600 Kilo gewogen haben. Seine Überreste werden von der kommenden Woche an in einer Ausstellung des Naturkundemuseums von Denver zu sehen sein.
Paläontologen haben den Fundort untersucht, die drei jungen Entdecker waren auch dabei
Das Museum gab das alles erst jetzt bekannt, obwohl die Fishers ihre unvergessliche Wanderung bereits im Sommer 2022 unternommen hatten. In der Zwischenzeit hat ein Team von Paläontologen – unter Beteiligung der drei jungen Entdecker – den Fundort in North Dakota systematisch untersucht und auch Teile des Schädels, des Schwanzes sowie des Kiefers mit Zähnen ausgegraben. Bei der langen Geheimhaltungsphase ging es wohl auch darum, einem T-Rex-Knochen-Massentourismus vorzubeugen.
Spätestens seit er seinen ersten Dinosaurier in freier Wildbahn fand, hat Jessin Fisher die Liebe zur Paläontologie entdeckt. Dieser Tage war er mit seinem Vater wieder in North Dakota unterwegs, um gezielt nach Fossilien zu suchen. Und? „Ich habe den Panzer einer Schildkröte gefunden“, erzählte er, ohne sich die Enttäuschung allzu sehr anmerken zu lassen.